Die Diagnose Bauchspeicheldrüsenkrebs (Pankreaskarzinom) bedeutet für viele Patientinnen und Patienten einen tiefen Einschnitt. Diese Krebsart wird häufig erst in einem späten Stadium entdeckt, da sie lange Zeit keine oder nur unspezifische Beschwerden verursacht. In vielen Fällen ist der Tumor bei der Diagnose bereits weit fortgeschritten oder hat Metastasen gebildet, sodass eine Operation nicht mehr möglich ist. In dieser Situation kommt häufig die Chemotherapie zum Einsatz, um das Tumorwachstum zu verlangsamen und die Lebensqualität zu verbessern. Eine der intensivsten Behandlungsoptionen ist die sogenannte FOLFIRINOX-Therapie.
Was bedeutet FOLFIRINOX?
FOLFIRINOX ist der Name für eine Kombination aus vier verschiedenen Chemotherapeutika, die gemeinsam verabreicht werden, um Krebszellen gezielt an mehreren Stellen anzugreifen. Der Begriff selbst setzt sich aus den Anfangsbuchstaben der Wirkstoffe zusammen, die bei dieser Behandlung verwendet werden:
- FOL steht für Folinsäure (auch Leucovorin genannt),
- F für Fluorouracil (kurz: 5-FU),
- IRIN für Irinotecan,
- OX für Oxaliplatin.
Diese vier Medikamente wirken auf unterschiedliche Weise, was ihre Kombination besonders wirksam macht.
Fluorouracil ist ein sogenanntes Antimetabolit. Es stört die Fähigkeit der Krebszellen, ihre Erbinformation (DNA) zu kopieren und sich zu teilen.
Folinsäure verstärkt die Wirkung von Fluorouracil, indem sie dessen Bindung an seine Zielstrukturen verbessert.
Irinotecan hemmt ein Enzym namens Topoisomerase, das für die korrekte Entfaltung und Faltung der DNA bei der Zellteilung notwendig ist.
Oxaliplatin gehört zu den Platin-haltigen Zytostatika. Es verursacht Quervernetzungen in der DNA, wodurch die Zellteilung gestört wird.
Durch diese vielfältigen Wirkmechanismen greift FOLFIRINOX die Krebszellen auf mehreren Ebenen an. Das soll verhindern, dass sich Resistenzen bilden und die Wirkung der Therapie nachlässt.
FOLFIRINOX kommt bei Bauchspeicheldrüsenkrebs im fortgeschrittenen oder metastasierten Stadium zum Einsatz. Ziel ist in vielen Fällen nicht die Heilung, sondern die Verlängerung der Überlebenszeit, eine Verbesserung der Lebensqualität oder – bei geeignetem Ansprechen – eine spätere Operation.
Aufgrund der hohen Belastung wird FOLFIRINOX nur Menschen mit stabiler körperlicher Verfassung empfohlen. Dazu zählen ausreichend belastbare Organfunktionen und ein guter Allgemeinzustand.
Ablauf der Behandlung
Die Medikamente werden als Infusion über die Vene verabreicht, meist in einer Tagesklinik oder stationär im Krankenhaus. Die Therapie erfolgt in Zyklen: Nach einem Behandlungstag folgt eine Pause von etwa zwei Wochen, bevor die nächste Runde beginnt.
Um die Venen zu schonen, wird häufig ein sogenannter Portkatheter unter die Haut implantiert. Dieser ermöglicht einen dauerhaft geschützten Zugang zur Vene.
Die Anzahl der Zyklen hängt vom Ansprechen auf die Therapie und der körperlichen Verträglichkeit ab. Während der gesamten Zeit erfolgen regelmäßige Blutkontrollen und bildgebende Untersuchungen.
Mögliche Nebenwirkungen
Die FOLFIRINOX-Therapie kann starke Nebenwirkungen verursachen. Häufig treten Erschöpfung (Fatigue), Übelkeit, Erbrechen, Durchfall, Appetitverlust und Geschmacksveränderungen auf.
Eine wichtige mögliche Nebenwirkung ist die Polyneuropathie – eine Nervenschädigung, die zu Kribbeln, Taubheit oder Schmerzen in Händen und Füßen führen kann. Diese wird vor allem durch Oxaliplatin ausgelöst und kann sich bei Kältereizen verstärken.
Zusätzlich kann die Anzahl der weißen Blutkörperchen sinken, wodurch die Anfälligkeit für Infektionen steigt. Fieber oder Schüttelfrost sollten sofort ärztlich abgeklärt werden.
Weitere mögliche Nebenwirkungen sind Entzündungen der Mundschleimhaut, Haarausfall sowie Hautveränderungen. Die Beschwerden können individuell sehr unterschiedlich ausfallen.
Unterstützende Maßnahmen während der Therapie
Begleitende Maßnahmen können helfen, Nebenwirkungen zu lindern und das Wohlbefinden zu stabilisieren. Dazu gehören individuell angepasste Medikamente gegen Übelkeit, Ernährungsberatung bei Appetitlosigkeit und Unterstützung durch Psychoonkologinnen oder Psychoonkologen.
Auch der Austausch mit anderen Betroffenen in Selbsthilfegruppen kann Kraft geben und neue Perspektiven eröffnen.
Ziele der Behandlung
Ziel der FOLFIRINOX-Therapie ist es, das Tumorwachstum zu verlangsamen, Schmerzen zu lindern und – wenn möglich – eine spätere Operation vorzubereiten. Auch wenn nicht immer eine Heilung möglich ist, kann die Therapie Lebenszeit verlängern und Symptome kontrollieren helfen.
Prognose und Heilungschancen
Die Prognose bei Bauchspeicheldrüsenkrebs hängt stark vom Stadium der Erkrankung ab. Häufig liegt bereits eine Metastasierung vor, was die Heilung erschwert.
FOLFIRINOX kann die Überlebenszeit verlängern und bei guter Wirkung den Tumor verkleinern. In Einzelfällen wird dadurch eine Operation möglich, die vorher ausgeschlossen war. Diese neoadjuvante Therapie wird individuell geprüft und geplant.
Regelmäßige CT- oder MRT-Kontrollen zeigen, ob der Tumor auf die Behandlung anspricht. Eine enge ärztliche Betreuung ist entscheidend, um die Therapie gegebenenfalls anzupassen.
Fazit
FOLFIRINOX ist eine intensive, aber wirkungsvolle Chemotherapie beim fortgeschrittenen Bauchspeicheldrüsenkrebs. Sie kann wertvolle Zeit schenken und Beschwerden lindern. Aufgrund der Nebenwirkungen erfordert sie eine sorgfältige medizinische Begleitung sowie ein unterstützendes Umfeld.
Offene Gespräche mit dem Behandlungsteam helfen, den Verlauf zu verstehen, Entscheidungen mitzutragen und frühzeitig auf Beschwerden zu reagieren. Ziel bleibt immer: die bestmögliche Lebensqualität trotz schwerer Erkrankung.