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Eine schwere Herzoperation ist einer der größten Eingriffe, die ein Mensch durchstehen kann. Für viele Betroffene und ihre Angehörigen ist es ein Schock, wenn nach dem Eingriff die Nachricht kommt: „Der Patient liegt noch im künstlichen Koma.“ Das Wort Koma löst sofort Bilder von Lebensgefahr oder Kontrollverlust aus. Doch in der Medizin hat das künstliche Koma nach einer Herzoperation eine ganz andere Bedeutung: Es ist eine bewusste, geplante und streng überwachte Maßnahme, die Herz und Körper schützt, Schmerzen verhindert und Komplikationen vermeidet. Um die Sorgen zu nehmen, lohnt es sich, Schritt für Schritt zu erklären, warum das künstliche Koma eingesetzt wird, wie es abläuft und was Patienten und Angehörige wissen sollten.

Ruhig liegende Hand mit Finger-Pulsoximeter; klinisches Umfeld dezent unscharf. Symbol für kontrollierte Ruhe im künstlichen Koma.
Künstliches Koma – Ruhe und Schutz für Herz & Kreislauf

Begriff „Koma“ – warum er missverständlich sein kann

Der Ausdruck „künstliches Koma“ ist im medizinischen Alltag gebräuchlich, führt aber leicht zu Missverständnissen. Denn er wird oft mit einem echten, pathologischen Koma gleichgesetzt, bei dem Patienten ohne Bewusstsein und ohne Kontrolle sind. In der Intensivmedizin spricht man daher häufig von „tiefer Sedierung“ oder „kontrollierter Narkose“. Diese Begriffe verdeutlichen besser, dass der Zustand gezielt herbeigeführt, laufend überwacht und jederzeit wieder beendet werden kann.

Die Belastung einer Herzoperation

Herzoperationen wie eine Bypass-Operation, ein Klappenersatz oder Eingriffe an der Hauptschlagader sind hochkomplexe Eingriffe. In vielen Fällen muss der Brustkorb geöffnet werden. Häufig wird das Herz während der Operation stillgelegt und die Funktion von Herz und Lunge für einige Stunden durch eine Herz-Lungen-Maschine übernommen. Nach dem Eingriff muss das Herz die Arbeit wieder selbstständig aufnehmen, obwohl es gereizt, geschwächt und verletzlich ist.

Die Zeit nach der Operation ist daher besonders kritisch: Herz, Kreislauf und Lunge müssen stabilisiert werden, und der gesamte Organismus ist durch die Narkose, Blutverluste, Infusionslösungen und die Operation selbst enorm geschwächt. Hier setzt das künstliche Koma an.

Die Ziele des künstlichen Komas

Das künstliche Koma verfolgt mehrere medizinisch wichtige Ziele:

  • Entlastung von Herz und Kreislauf: Der Blutdruck bleibt niedrig und stabil, das Herz schlägt ruhiger, der Sauerstoffverbrauch sinkt – das Herz kann sich erholen.
  • Unterstützung der künstlichen Beatmung: Der Patient ist ruhig, bewegt sich nicht und toleriert den Beatmungsschlauch. Die Lunge kann optimal belüftet werden.
  • Verhinderung von Schmerzen: Durch den Eingriff am offenen Brustkorb wären Schmerzen ohne Sedierung sehr stark. Im künstlichen Koma spürt der Patient nichts.
  • Stressreduktion: Angst, Panik oder Unruhe würden den Kreislauf zusätzlich belasten. Die tiefe Sedierung verhindert diese Stressreaktionen.
  • Vorbeugung von Komplikationen: Herzrhythmusstörungen, Blutdruckschwankungen oder Blutungen lassen sich besser behandeln, solange der Körper ruhiggestellt ist.

Das künstliche Koma auf der Intensivstation

Das künstliche Koma wird ausschließlich auf einer Intensivstation durchgeführt. Dort stehen alle notwendigen Geräte zur Überwachung und Unterstützung der Organe bereit. Über Infusionspumpen erhält der Patient kontinuierlich Narkose- und Schmerzmedikamente. Das Pflegepersonal und die Ärzte überwachen rund um die Uhr:

  • Herzrhythmus und Herzleistung,
  • Blutdruck, Sauerstoffgehalt und Kreislaufstabilität,
  • Beatmung und Lungenfunktion,
  • Nieren- und Leberwerte,
  • und neurologische Parameter wie Pupillenreaktion oder Reflexe.

Damit ist das künstliche Koma kein unkontrollierbarer Zustand, sondern eine präzise gesteuerte Therapie.

Wie lange dauert ein künstliches Koma?

In vielen Fällen wird die Sedierung nach 24 bis 48 Stunden langsam beendet. Doch es gibt Situationen, in denen das künstliche Koma verlängert werden muss, etwa wenn:

  • die Lunge noch Flüssigkeit eingelagert hat,
  • der Kreislauf instabil bleibt,
  • gefährliche Herzrhythmusstörungen auftreten,
  • oder Blutungen und Schwellungen im Operationsgebiet auftreten.

In Ausnahmefällen kann die Sedierung auch mehrere Tage bis Wochen andauern, besonders wenn schwere Komplikationen auftreten. Die Entscheidung darüber treffen Ärzte immer individuell und unter engmaschiger Kontrolle.

Wie läuft das Aufwachen ab?

Das Aufwachen aus dem künstlichen Koma geschieht schrittweise. Zuerst wird die Dosis der Medikamente langsam reduziert. Dann beginnt der Patient, selbstständig zu atmen, erste Bewegungen zu machen und schließlich die Augen zu öffnen. Manche Patienten sind dabei zunächst verwirrt, haben intensive Träume oder erkennen ihre Umgebung nicht sofort. Das ist normal und legt sich nach einiger Zeit.

Für Angehörige ist dieser Moment oft besonders emotional: Ein Händedruck, ein erstes Blinzeln oder das erste gesprochene Wort sind wichtige Zeichen, dass der Patient zurückkehrt ins Bewusstsein.

Typische Sorgen von Angehörigen

Das künstliche Koma löst viele Fragen und Ängste aus. Häufig gestellte Fragen sind:

  • „Bekommt er etwas mit?“ – Nein. Patienten im künstlichen Koma haben kein Bewusstsein. Sie spüren nichts und haben keine Erinnerung an diese Zeit.
  • „Kann man daran hängenbleiben?“ – Nein. Das künstliche Koma wird medikamentös gesteuert und gezielt beendet. Es ist kein spontaner Zustand.
  • „Ist das ein schlechtes Zeichen?“ – Nicht unbedingt. Oft dient das künstliche Koma allein dazu, dem Herzen Ruhe zu geben.
  • „Wie lange dauert es?“ – In unkomplizierten Fällen ein bis zwei Tage, in komplizierteren Fällen auch länger.

Psychologische Folgen für Patienten

Nach dem Aufwachen berichten manche Patienten von Albträumen, Verwirrtheit oder dem Gefühl, die Zeit „verloren“ zu haben. In der Medizin spricht man hierbei oft vom „Delirium auf der Intensivstation“, im Alltag auch als Intensivstations-Syndrom bezeichnet. Dieses tritt nicht selten auf, klingt aber meist nach Tagen oder Wochen ab. Eine behutsame Begleitung durch Ärzte, Pflegekräfte, Psychologen und Angehörige hilft, diese Phase besser zu bewältigen.

Wichtig ist, dass Patienten in den ersten Tagen nach dem Aufwachen viel Unterstützung brauchen: Orientierung, Zuwendung, aber auch praktische Hilfe beim Essen, Trinken und ersten Bewegungen.

Tipps für Angehörige

Für Angehörige ist die Zeit des künstlichen Komas eine enorme Belastung. Folgende Dinge können helfen:

  • Informationen einholen: Fragen Sie die Ärzte regelmäßig nach dem aktuellen Stand. Wissen nimmt Angst.
  • Ruhe bewahren: Auch wenn es schwerfällt – der Patient ist in sicheren Händen. Das medizinische Team überwacht jede Veränderung.
  • Kontakt aufnehmen: Auch wenn der Patient nichts bewusst mitbekommt, kann leises Sprechen, Handhalten oder Musik eine beruhigende Atmosphäre schaffen.
  • Eigene Kraft bewahren: Angehörige sollten Pausen einlegen, gut essen und schlafen. Nur so können sie später den Patienten unterstützen.

Fazit: Ein Schutzschild für Herz und Körper

Das künstliche Koma nach einer Herzoperation ist kein unkalkulierbares Risiko, sondern eine medizinisch kontrollierte Schutzmaßnahme. Es entlastet Herz und Kreislauf, verhindert Schmerzen und schafft Zeit, mögliche Komplikationen in Ruhe zu behandeln. Sobald die Bedingungen sicher sind, wird die Sedierung schrittweise beendet. Für Patienten bedeutet das: Sie spüren in dieser Phase nichts. Für Angehörige bedeutet es: Auch wenn der Anblick schwer ist, dient das künstliche Koma einzig dazu, die Heilung zu ermöglichen.

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