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Ein schockierender Beginn
Ein Kleinkind entwickelt sich scheinbar normal – es beginnt zu greifen, zu sitzen und die ersten Laute zu formen. Doch plötzlich treten merkwürdige Symptome auf. Die Bewegungen wirken unkoordiniert, es kommt zu unkontrollierbaren Spasmen. Besonders erschreckend ist jedoch das sich wiederholende, zwanghafte Selbstverletzungsverhalten: Lippen und Finger werden gebissen, bis es blutet. Eltern und Ärzte stehen vor einem Rätsel – bis schließlich die Diagnose gestellt wird: Lesch-Nyhan-Syndrom, eine seltene genetische Stoffwechselerkrankung, die durch eine Störung im Purinstoffwechsel verursacht wird.

Die Diagnose ist ein Schock. Die Krankheit ist nicht heilbar und beeinflusst das gesamte Leben des Kindes. Doch mit der richtigen Betreuung und gezielten Maßnahmen kann die Lebensqualität der Betroffenen verbessert werden.

Ursachen und Symptome

Das Lesch-Nyhan-Syndrom wird durch eine Mutation im HPRT1-Gen verursacht, das für das Enzym Hypoxanthin-Guanin-Phosphoribosyltransferase (HPRT) verantwortlich ist. Dieses Enzym spielt eine entscheidende Rolle im Purinstoffwechsel, der für den Aufbau und die Verwertung von DNA-Bausteinen wichtig ist. Durch den Enzymmangel kommt es zu einer übermäßigen Produktion von Harnsäure, die sich in Form von Kristallen in Gelenken, Nieren und anderen Organen ablagert.

Die Erkrankung betrifft fast ausschließlich Jungen, da das HPRT1-Gen auf dem X-Chromosom liegt. Mädchen können Trägerinnen sein, sind aber in der Regel nicht betroffen.

Hauptsymptome des Lesch-Nyhan-Syndroms:

  • Frühes Auftreten von Gicht: Durch die hohe Harnsäurekonzentration entstehen Gichtanfälle bereits im Kindesalter.
  • Unkontrollierte Bewegungen: Viele Betroffene zeigen Bewegungsstörungen ähnlich der Parkinson-Krankheit oder Dystonie (Muskelkrämpfe und -steifheit).
  • Zwanghafte Selbstverletzung: Einer der markantesten und belastendsten Aspekte der Krankheit ist das Beißen von Lippen, Fingern und anderen Körperteilen.
  • Geistige Entwicklungsverzögerung: Die kognitive Entwicklung ist meist eingeschränkt, wobei die Schwere der Beeinträchtigungen unterschiedlich ausfällt.

Diagnosestellung

Die Diagnose des Lesch-Nyhan-Syndroms basiert auf einer Kombination aus klinischen Beobachtungen, laborchemischen Analysen und genetischen Tests.

  • Harnsäurespiegel im Blut und Urin: Typischerweise sind die Werte stark erhöht.
  • Enzymanalyse: Die Aktivität des HPRT-Enzyms kann in Blutproben gemessen werden.
  • Genetische Untersuchung: Die Identifikation einer Mutation im HPRT1-Gen bestätigt die Diagnose.

Da das Syndrom selten ist, kann es Jahre dauern, bis eine korrekte Diagnose gestellt wird. Früherkennung ist jedoch wichtig, um Komplikationen wie Nierenversagen oder starke Gelenkschäden zu verhindern.

Therapie und Behandlungsmöglichkeiten

Eine Heilung für das Lesch-Nyhan-Syndrom gibt es nicht, doch eine frühzeitige Behandlung kann helfen, Symptome zu lindern und Komplikationen zu vermeiden.

Medikamentöse Therapie

  • Allopurinol oder Febuxostat: Diese Medikamente senken den Harnsäurespiegel und beugen Gichtanfällen sowie Nierenschäden vor.
  • Muskelrelaxantien: Mittel wie Diazepam oder Baclofen helfen gegen unkontrollierte Muskelkrämpfe und Spastiken.
  • Dopamin-Agonisten: Da die Krankheit das Dopaminsystem beeinflusst, können Parkinson-Medikamente in manchen Fällen Linderung verschaffen.
  • Neuroleptika: Diese werden in schweren Fällen eingesetzt, um das zwanghafte Selbstverletzungsverhalten zu reduzieren.

Physiotherapie und Ergotherapie

Bewegungstherapie hilft, Muskelverkürzungen zu vermeiden und die Mobilität so lange wie möglich zu erhalten. Ergotherapie kann dazu beitragen, Alltagsfähigkeiten zu trainieren und Hilfsmittel zu nutzen, um die Unabhängigkeit zu fördern.

Verhaltens- und Schutzmaßnahmen

Das Selbstverletzungsverhalten ist eines der herausforderndsten Symptome. Viele Betroffene benötigen spezielle Schutzhandschuhe oder Zahnschutzvorrichtungen, um das Beißen zu verhindern. Zudem können Verhaltenstherapie und gezielte Ablenkungsstrategien helfen, die Impulsivität zu kontrollieren.

Ernährung und Nierenprotektion

Da das Risiko für Nierensteine und Nierenschäden hoch ist, sollten Betroffene viel trinken und eine purinarme Diät einhalten, um die Harnsäureproduktion zu reduzieren.

Leben mit der Diagnose

Das Leben mit dem Lesch-Nyhan-Syndrom erfordert eine umfassende Betreuung. Die meisten Betroffenen sind ihr Leben lang auf Pflege angewiesen. Dennoch können eine liebevolle Umgebung, individuell angepasste Therapien und medizinische Fortschritte die Lebensqualität erheblich verbessern.

Besonders wichtig ist die emotionale Unterstützung für Familien. Eltern stehen oft unter großer Belastung, da sie mit den extremen Verhaltensweisen ihres Kindes umgehen müssen. Selbsthilfegruppen und spezialisierte Einrichtungen können helfen, den Alltag besser zu bewältigen.

Fazit

Das Lesch-Nyhan-Syndrom ist eine schwerwiegende genetische Erkrankung, die den Alltag der Betroffenen und ihrer Familien erheblich beeinflusst. Trotz der Herausforderungen gibt es Möglichkeiten, Symptome zu lindern und die Lebensqualität zu verbessern. Die Kombination aus Medikamenten, physischer Unterstützung und psychologischer Betreuung kann helfen, den Alltag erträglicher zu machen.

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