Degenerative Augenerkrankungen
„Degenerativ“ bedeutet: Gewebe baut sich nach und nach ab. Beim Auge sind davon vor allem Netzhaut, Makula, Sehnerv und die Hornhaut betroffen. Dieser Artikel fasst die wichtigsten Erkrankungen, Warnzeichen, Diagnosen und Behandlungen laienverständlich zusammen.
Degenerative Augenerkrankungen entwickeln sich meist schleichend über Monate bis Jahre. Anfangs fallen Veränderungen kaum auf, später beeinträchtigen sie Lesen, Erkennen von Gesichtern, Autofahren und Orientierung. Manche Erkrankungen treffen eher ältere Menschen, andere beginnen bereits im Kindes- oder Jugendalter.
Grundlagen – was im Auge passiert
Die Netzhaut enthält Sinneszellen: Zapfen (scharfes Sehen und Farben) und Stäbchen (Sehen in der Dämmerung, Randsehen). Werden diese Zellen oder der Sehnerv geschädigt, gehen Informationen an das Gehirn verloren. Zerstörte Sinneszellen können sich kaum selbst erneuern, deshalb ist Früherkennung so wichtig.
Wichtige degenerative Augenerkrankungen
1) Altersbedingte Makuladegeneration (AMD)
Was ist das? Häufigste Ursache schwerer Sehbehinderung im Alter. Die Makula wird geschädigt.
Formen: „Trockene“ AMD (langsam, Ablagerungen) und „feuchte“ AMD (schnell, neue und undichte Blutgefäße).
Folgen: Zentrales Sehen wird unscharf, seitliches Sehen bleibt erhalten. Lesen und Gesichtserkennung werden schwierig.
2) Morbus Stargardt
Was ist das? Seltene, erbliche Makuladystrophie, oft Beginn im Kindes-/Jugendalter. Ursache sind Veränderungen im ABCA4-Gen, wodurch Abfallstoffe (Lipofuszin) in Sehzellen kumulieren.
Folgen: Abnahme der Sehschärfe im Zentrum, Probleme beim Lesen und Gesichtserkennen; seitliches Sehen bleibt lange erhalten.
3) Retinitis pigmentosa (RP)
Was ist das? Gruppe erblicher Netzhauterkrankungen mit langsamem Untergang der Sinneszellen.
Typisch: Nachtblindheit, später „Tunnelblick“ durch Verlust des Randgesichtsfeldes.
4) Zapfen-Stäbchen-Dystrophien
Was ist das? Seltene genetische Störungen; zuerst Zapfen (Farb-/Schärfesehen) oder Stäbchen (Dämmerungs-/Randsehen) betroffen.
Folgen: Farbsehstörungen, Blendempfindlichkeit, Abnahme der Sehschärfe oder Nachtblindheit.
5) Glaukom (Grüner Star)
Was ist das? Chronische Schädigung des Sehnervs, häufig durch erhöhten Augeninnendruck, aber auch bei Normaldruck möglich.
Folgen: Unbemerkte Gesichtsfeldausfälle, später starke Einschränkungen; unbehandelt droht Erblindung.
6) Diabetische Retinopathie
Was ist das? Schäden der Netzhautgefäße infolge langjährigen Diabetes.
Folgen: Blutungen, Flüssigkeitseinlagerungen (Makulaödem), Vernarbungen; in Spätstadien degenerativer Netzhautverlust.
7) Chorioideremie
Was ist das? Sehr seltene, erbliche Erkrankung mit langsamem Abbau von Aderhaut, Pigmentepithel und Netzhaut.
Folgen: Beginn mit Nachtblindheit, später Verengung des Gesichtsfeldes.
8) Optikusatrophie (Sehnervschwund)
Was ist das? Abbau von Nervenfasern im Sehnerv, z. B. nach Entzündungen, Durchblutungsstörungen oder durch genetische Ursachen.
Folgen: Verminderte Sehschärfe, blassere Farben, schlechtere Kontraste.
9) Keratokonus (Hornhautdegeneration)
Was ist das? Verdünnung und kegelförmige Vorwölbung der Hornhaut.
Folgen: Verzerrtes Sehen, unregelmäßige Hornhautverkrümmung, zunehmende Kurzsichtigkeit.
10) Myopische Makuladegeneration
Was ist das? Folge sehr starker Kurzsichtigkeit (hohe Myopie) – das Auge wird zu lang, die Netzhaut überdehnt.
Folgen: Schäden an der Makula mit zentralen Sehstörungen, teils schon in jüngerem Alter.
Typische Warnzeichen
- Verschwommenes oder welliges Sehen im Zentrum (Lesen, Gesichter, Details)
- Verlust des Randsehens oder „Tunnelblick“
- Nachtblindheit oder hohe Blendempfindlichkeit
- Schlechteres Farbsehen, blassere Farben, schwächere Kontraste
- Häufigeres Stolpern, Orientierungsprobleme, besonders im Dunkeln
Wichtig: Plötzliche Sehverschlechterung ist immer ein Notfall und muss sofort augenärztlich abgeklärt werden.
Diagnose – wie Ärztinnen und Ärzte vorgehen
- Sehschärfe- und Farbsinn-Tests: Prüfen Detailschärfe und Farbsehen.
- Perimetrie: Gesichtsfeldmessung zum Aufspüren von Ausfällen.
- Fundusfotografie: Foto des Augenhintergrunds (Netzhaut).
- OCT (Optische Kohärenztomografie): „Querschnittsbilder“ der Netzhaut, zeigt Schichtveränderungen millimetergenau.
- Fluoreszenzangiografie: Darstellung der Netzhautgefäße nach Farbstoffgabe, z. B. bei „feuchter“ AMD.
- ERG (Elektroretinogramm): Misst elektrische Aktivität der Netzhaut – ähnlich einem EKG fürs Auge.
- Genetische Tests: Bestätigen erbliche Ursachen (z. B. ABCA4 bei Morbus Stargardt).
Behandlung und Alltag – was hilft wirklich?
Heilung ist aktuell selten möglich, doch vieles lässt sich lindern oder aufhalten:
- AMD: Injektionen gegen „feuchte“ AMD (Anti-VEGF), Sehhilfen bei „trockener“ AMD, Rauchstopp, gesunde Ernährung.
- Glaukom: Senkung des Augeninnendrucks (Tropfen, Laser, Operation); regelmäßige Kontrolle essenziell.
- Diabetische Retinopathie: Blutzucker, Blutdruck, Blutfette optimieren; Laser, Injektionen, ggf. Operation.
- Keratokonus: Hornhaut-Crosslinking (Stabilisierung), Spezial-Kontaktlinsen, später ggf. Hornhauttransplantation.
- Erbliche Netzhautdystrophien (z. B. Stargardt, RP): Aktuell v. a. Low-Vision-Hilfsmittel, Lichtschutz; Teilnahme an Studien möglich.
Hilfsmittel & Strategien: Lupen, elektronische Vergrößerer, Bildschirm-Zoom, Vorlese-Software, kontrastreiches Design, gute Raumbeleuchtung, Sonnenbrillen mit Filter (gegen Blendung), Mobilitätstraining, Reha-Angebote.
Psychische Unterstützung
Sehverlust belastet. Gespräche, Beratung und Selbsthilfe bieten Entlastung. In Schule, Ausbildung und Beruf helfen Nachteilsausgleiche und technische Hilfen. Niemand muss mit dieser Diagnose allein bleiben.
Früherkennung & Vorsorge
- Regelmäßige augenärztliche Kontrollen – bei Risikofaktoren häufiger (Diabetes, starke Kurzsichtigkeit, familiäre Vorbelastung).
- Gesunder Lebensstil: Rauchstopp, Bewegung, ausgewogene Ernährung (viel Gemüse, Fisch/ Omega-3), guter Blutzucker-/Blutdruck-/Lipid-Status.
- Konsequenter UV- und Blend-Schutz im Freien.
Forschung & Ausblick
Es wird intensiv geforscht: Gentherapien (defekte Gene ersetzen/ergänzen), Stammzelltherapien (Zellersatz), neuroprotektive Medikamente (Sinneszellen schützen) und bionische Implantate. Vieles befindet sich noch in Studien – die Entwicklung macht jedoch kontinuierlich Fortschritte.
Fazit
Degenerative Augenerkrankungen verlaufen langsam, sind belastend und oft nicht heilbar. Doch früh erkannt lassen sie sich häufig bremsen. Moderne Therapien, Low-Vision-Hilfen, Reha und psychische Unterstützung ermöglichen ein aktives, selbstbestimmtes Leben – heute besser als je zuvor.
Morbus Stargardt ist eine seltene Augenerkrankung, die schon bei Kindern, Jugendlichen oder jungen Erwachsenen auftritt. Es handelt sich um eine erblich bedingte Störung der Netzhaut, insbesondere der Makula. Die Makula ist der Bereich im Zentrum der Netzhaut, mit dem wir Gesichter erkennen, Texte lesen und Farben unterscheiden können. Wird sie geschädigt, verschwimmt das zentrale Sehen allmählich. Betroffene erblinden nicht vollständig, aber die Sehschärfe nimmt spürbar ab, was den Alltag stark beeinflusst.
- Details
- Geschrieben von: Mazin Shanyoor, Visite-Medizin