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Ein Erfahrungsbericht – weil manche Verletzungen nicht im Kopf beginnen, aber dort für immer bleiben

Es gibt Schmerzen, die nicht nur weh tun. Sie verändern, wie du dich in der Welt bewegst. Sie verändern, wie du dich selbst anschaust. Und sie verändern, wie du anderen Menschen vertraust. Migräne ist so ein Schmerz.

Schwarze Passepartout-Silhouette einer 18-jährigen Frau mit Hoodie und Turnschuhen, auf dem Boden sitzend, Knie angezogen, Kopf zwischen den Knien; Hintergrund mit Farbverlauf Blau, Magenta, Rot, Orange, Gelb; Text: „Migräne bei Jugendlichen“ und „Wenn der Schmerz real ist und Zweifel alles noch schlimmer machen“, Signatur „visite-medizin.de“ unten rechts.
„Migräne bei Jugendlichen“ – Wenn der Schmerz real ist und Zweifel alles noch schlimmer machen.

Nicht, weil sie „nur Kopfschmerz“ wäre, sondern weil sie dich in einen Zustand wirft, in dem nichts mehr normal ist: Licht wird zum Angriff, Geräusche zu Schlägen, jeder Gedanke zu schwer, jeder Atemzug zu laut im eigenen Körper.

Und während du noch versuchst, diese Wucht überhaupt zu begreifen, geschieht etwas, das fast noch brutaler sein kann als die Attacke selbst: Du merkst, dass dein Schmerz nicht automatisch gilt. Dass du nicht automatisch geglaubt wirst. Dass du plötzlich nicht mehr krank bist, sondern erklärungsbedürftig.

Dieser Text will Migräne nicht von außen erklären, sondern von innen zeigen. Er ist aus Erfahrungen gewachsen – aus Situationen, in denen der Körper eindeutig „Stopp“ sagte, aber Erwachsene „trotzdem“ meinten. Aus Momenten, in denen man über Jugendliche sprach, statt ihnen zuzuhören. Aus Sätzen, die wie Diagnosen klangen und doch wie Urteile wirkten. Und aus diesem einen Gefühl, das sich leise einschleicht und dann hartnäckig bleibt: Vielleicht liegt es an mir. Vielleicht übertreibe ich. Vielleicht bin ich schuld.

Genau dagegen schreibt dieser Text an. Nicht belehrend, nicht trocken, nicht wie ein Merkblatt. Sondern so, wie sich das anfühlt, wenn man jung ist, Schmerzen hat, und zusätzlich lernt, dass man sie erst „beweisen“ muss, bevor sie zählen.

Wenn der Körper übernimmt und du nicht mehr entscheiden kannst

Migräne ist kein „Ich hab Kopf“. Migräne ist ein Zustand, der dich überfällt, als würde jemand in deinem Inneren die Sicherungen herausreißen. Manchmal kommt sie schleichend, manchmal plötzlich, manchmal mit einer Vorwarnung, die du erst Jahre später ernst nehmen kannst. Und dann ist sie da. Ein Pochen, das nicht nur im Kopf sitzt, sondern den ganzen Körper durchdringt. Ein Druck, der nicht drückt, sondern dominiert. Ein Schmerz, der nichts neben sich duldet.

Mitten in einer Attacke wird die Welt zu laut, zu hell, zu dicht. Geräusche wirken, als kämen sie nicht von außen, sondern direkt aus dem Gehirn. Ein Türschloss, ein Stuhl, der über den Boden rutscht, das Klappern von Geschirr – alles kann sich anfühlen wie Gewalt. Licht brennt. Der Blick nach vorn ist wie ein Griff ins offene Nervengewebe. Und dann ist da diese Übelkeit, die nicht „ein bisschen flau“ ist, sondern ein körperlicher Zwang, ein Abwehrprogramm, das dich entleert, bis nichts mehr geht. Es ist nicht selten, dass du am Ende nicht einmal mehr weißt, wie du dich hinlegen sollst, weil jede Bewegung den Schmerz höher treibt.

Wenn du das als Jugendlicher erlebst, ist es doppelt beängstigend. Nicht, weil du weniger aushältst, sondern weil du noch dabei bist, dir selbst zu vertrauen. Du bist in einem Alter, in dem vieles wackelt: Körper, Stimmung, Alltag, Selbstbild. Und dann kommt etwas, das dich nicht nur einschränkt, sondern dich vollständig aus dem Leben schiebt. Plötzlich bist du nicht mehr Schüler, nicht mehr Freund, nicht mehr jemand, der „mitmacht“. Du bist ein Körper, der nicht mehr gehorcht.

Und genau an dieser Stelle beginnt häufig die zweite Ebene des Schmerzes: das, was andere daraus machen.

Die Unsichtbarkeit, die aus Mitgefühl Verdacht macht

Migräne ist unsichtbar. Das ist ein Satz, der harmlos klingt, aber für Betroffene wie ein Fluch funktioniert. Denn Unsichtbarkeit bedeutet: Die Umgebung kann so tun, als wäre es nicht so schlimm. Unsichtbarkeit bedeutet: Man kann es „anders sehen“. Man kann es umdeuten. Man kann es in eine Schublade stecken, in der es weniger unbequem ist.

Ein Jugendlicher mit Migräne sieht von außen vielleicht blass aus, still, müde, gereizt. Vielleicht auch einfach „normal“, nur zurückgezogen. Und weil es keine äußeren Zeichen gibt, wird das Innere schnell zur Verhandlungssache. Es entsteht dieses Zögern: Ist das wirklich so schlimm? Oder ist das gerade eine Reaktion auf Stress? Auf Schule? Auf Druck? Auf familiäre Probleme? Auf Pubertät?

Diese Fragen sind nicht per se falsch. Natürlich kann Stress Migräne triggern. Natürlich können Schlafmangel, Konflikte, Überforderung Attacken begünstigen. Aber es ist ein fundamentaler Unterschied, ob man Trigger ernst nimmt oder ob man die Erkrankung selbst in Frage stellt. Und genau diese Grenze wird bei Jugendlichen erschreckend oft überschritten.

Der Kipppunkt fühlt sich für Betroffene deutlich an. Er hat eine bestimmte Atmosphäre. Es ist nicht mehr das offene Zuhören, sondern das stille Abwägen. Nicht mehr die Frage: „Was brauchst du?“ sondern: „Was steckt dahinter?“ Nicht mehr: „Wie können wir dich schützen?“ sondern: „Wie bringen wir dich wieder zum Funktionieren?“

Wenn Migräne nicht mehr Krankheit ist, sondern Deutung

Manchmal passiert es in einem Arztzimmer. Man sitzt da, jung, erschöpft, vielleicht noch mit Restschmerz, vielleicht mit Angst vor der nächsten Attacke. Man hofft auf Worte, die einen entlasten: „Das ist Migräne. Das ist real. Das ist behandelbar.“ Und stattdessen entsteht ein Gespräch, das sich nicht um den Schmerz dreht, sondern um die Persönlichkeit.

Ob man sensibel ist. Ob man viel nachdenkt. Ob man belastbar ist. Ob man zu Hause „zu viel“ mitbekommt. Ob man Aufmerksamkeit braucht. Ob man vielleicht unbewusst etwas erreicht, wenn man krank ist. Ob der Körper möglicherweise „spricht“, weil man selbst es nicht kann.

Solche Deutungen können im Einzelfall sinnvoll sein, wenn sie behutsam und ergänzend erfolgen. Aber bei Jugendlichen werden sie oft nicht ergänzend, sondern ersetzend benutzt. Der Schmerz wird zum Symbol erklärt. Die Migräne wird zur Botschaft umgedeutet. Und damit verliert der junge Mensch etwas Entscheidendes: das Recht, einfach krank zu sein.

Denn sobald Migräne zur Deutung wird, entsteht Schuld. Nicht unbedingt offen, nicht als Vorwurf. Eher als feiner, giftiger Unterton: Wenn das psychisch ist, dann könntest du es vielleicht beeinflussen. Wenn du es beeinflussen könntest, warum tust du es dann nicht? Wenn du es nicht tust, willst du dann vielleicht gar nicht gesund sein?

Für Jugendliche ist das zerstörerisch, weil sie diese Logik nicht auseinandernehmen können. Sie leben nicht in medizinischen Definitionen, sie leben in Blicken und Reaktionen. Und sie spüren sehr genau, ob sie als krank betrachtet werden – oder als Problem.

Wenn Nicht-Glauben zur eigentlichen Verletzung wird

Es gibt Erlebnisse, die sich im Gedächtnis festsetzen wie ein Brandmal. Nicht, weil sie laut waren, sondern weil sie die Wirklichkeit kippen. Ein Erwachsener, der dich ansieht und in seinem Blick steht: Ich glaube dir nicht ganz. Ein Gespräch, in dem über dich gesprochen wird, als wärst du ein Objekt. Eine Empfehlung, die im Kern bedeutet: Geh da nicht so drauf ein. Mach es nicht so groß. Lass dich davon nicht bestimmen.

Das klingt vernünftig. Das klingt nach Erziehung, nach Stabilität, nach „nicht dramatisieren“. Aber für einen Jugendlichen, der gerade lernt, seinen Körper zu verstehen, bedeutet es etwas anderes: Wenn ich Schmerzen habe, darf ich sie nicht zeigen. Wenn ich sie zeige, bin ich verdächtig. Wenn ich sie verberge, werde ich vielleicht akzeptiert.

Und so beginnt etwas, das sehr viele Betroffene kennen: das Doppelleben. Nach außen funktionieren, innen zerfallen. Nach außen „geht schon“, innen Panik vor der nächsten Attacke. Nach außen Lächeln, innen der Wunsch, einfach irgendwo dunkel zu liegen, ohne erklären zu müssen, warum.

Schule als Bühne des Funktionierens

Schule ist für Migräne besonders grausam, weil sie kaum Raum für Unsichtbares lässt. Fehlzeiten werden gezählt. Leistung wird bewertet. Kontinuität wird erwartet. Der Körper aber ist nicht kontinuierlich, wenn Migräne Teil des Lebens ist. Er ist unberechenbar. Er kann an einem Tag „gehen“ und am nächsten Tag dich völlig auslöschen.

Wenn Jugendliche dann trotzdem zur Schule geschickt werden, obwohl ihnen übel ist, obwohl sie sich übergeben haben, obwohl sie sichtbar nicht können, lernen sie etwas, das wie Stärke aussieht, aber in Wahrheit Selbstverrat ist. Sie lernen, den eigenen Körper zu übergehen. Sie lernen, dass Schmerz kein Grund ist, sondern eine Störung. Sie lernen, dass sie erst dann legitim sind, wenn sie liefern.

Viele Jugendliche bezahlen das später. Nicht nur mit schlechteren Noten oder Fehlzeiten, sondern mit einer inneren Haltung: Ich muss mich zusammenreißen, egal was ist. Diese Haltung kann eine Migräne nicht stoppen. Sie kann aber sehr zuverlässig das Leben enger machen. Denn sie erzeugt Angst. Angst davor, wieder „auszufallen“. Angst davor, dass andere genervt reagieren. Angst davor, als faul, schwach oder dramatisch abgestempelt zu werden. Und diese Angst ist selbst ein Stressor, der Attacken begünstigen kann. Ein Teufelskreis, in dem die Krankheit und die Reaktion der Umwelt sich gegenseitig verstärken.

Gut gemeint – und trotzdem wie Hohn

Es ist ein eigener Schmerz, mitten in einer Attacke Sätze zu hören, die aus Hilfsbereitschaft kommen und doch wie eine Abwertung wirken. „Geh doch mal an die frische Luft.“ „Beweg dich ein bisschen.“ „Trink Wasser.“ „Entspann dich.“ Manchmal kommt das von Menschen, die dich mögen. Manchmal von Lehrern. Manchmal von der Familie. Oft kommt es schnell, reflexartig, als müsse man sofort etwas sagen, um die eigene Hilflosigkeit zu überdecken.

Für Betroffene ist das ein Stich. Nicht, weil sie undankbar wären, sondern weil sie spüren: Diese Person hat keine Ahnung, was hier gerade passiert. Und statt dass man einfach anerkennt, dass man es nicht versteht, wird es mit einem Tipp klein gemacht.

Mitten in einer Migräneattacke ist „frische Luft“ keine Lösung, sondern ein Marsch durch die Hölle. Bewegung kann den Schmerz explodieren lassen. Licht kann den Schädel spalten. Geräusche können den Körper in einen Zustand versetzen, der sich wie Panik anfühlt, nur ohne Ausweg. Und dann muss man sich auch noch rechtfertigen. Muss erklären, warum man nicht „einfach mal“ kann. Muss beweisen, dass man nicht übertreibt.

Das ist eine Form von zusätzlicher Belastung, die viele unterschätzen. Denn sie zwingt Betroffene in eine Rolle: Sie müssen sich verteidigen, während sie kaum existieren können. Sie müssen Argumente liefern, während das Gehirn brennt.

Warum die Psychoecke so gefährlich ist

Natürlich gibt es psychische Faktoren in jedem Leben. Natürlich kann Migräne durch Stress getriggert werden. Natürlich kann eine chronische Erkrankung Angst, depressive Symptome oder soziale Rückzüge auslösen. Aber die Psychoecke, in die Migräne bei Jugendlichen so oft gestellt wird, ist nicht „Psychologie als Ergänzung“. Es ist Psychologie als Abwertung.

Die Psychoecke sagt nicht: Wir nehmen dich ernst und schauen ganzheitlich. Die Psychoecke sagt: Es ist vielleicht gar nicht wirklich körperlich. Es ist vielleicht eher du. Deine Reaktion. Dein Umgang. Deine Geschichte. Deine Empfindlichkeit.

Und wenn Jugendliche so etwas hören – direkt oder indirekt – entsteht ein giftiges Selbstbild. Dann werden sie nicht mehr zu Menschen mit Migräne, sondern zu Menschen, die „kompliziert“ sind. Und das ist ein Unterschied, der alles verändert. Denn „kompliziert“ ruft nicht Schutz hervor, sondern Ungeduld. Es ruft nicht Hilfsbereitschaft hervor, sondern Erwartungen. Es ruft nicht Mitgefühl hervor, sondern Erziehungsimpulse.

Der perfideste Effekt dieser Psychologisierung ist die Schuld. Sie ist nicht immer bewusst. Oft ist sie wie ein Hintergrundrauschen. Sie zeigt sich in Sätzen, die Jugendliche irgendwann über sich selbst denken: Vielleicht bin ich wirklich zu empfindlich. Vielleicht bin ich nicht belastbar genug. Vielleicht suche ich unbewusst einen Ausweg. Vielleicht stelle ich mich an.

Diese Gedanken machen Migräne nicht besser. Sie machen das Leben schlechter. Denn sie führen dazu, dass Jugendliche sich schämen. Dass sie Symptome verstecken. Dass sie zu spät Medikamente nehmen, weil sie erst „beweisen“ wollen, dass es wirklich schlimm ist. Dass sie zu lange durchhalten, bis der Schmerz nicht mehr zu kontrollieren ist.

Eltern und Ärzte: Verantwortung, die nicht nach Härte aussieht

Eltern stehen in dieser Situation nicht „auf der falschen Seite“. Viele sind schlicht überfordert. Sie sehen ein Kind, das leidet. Sie wollen helfen. Gleichzeitig stehen sie unter Druck: Schule, Verpflichtungen, gesellschaftliche Erwartung, dass Kinder funktionieren müssen. Sie hören vielleicht Ärzte, die die Migräne relativieren. Sie hören Lehrkräfte, die Fehlzeiten kritisieren. Sie hören Familienmitglieder, die „früher gab es sowas nicht“ sagen. Und sie geraten in eine Haltung, die sie selbst nicht wollen: Härte.

Manche Eltern werden streng, weil sie Angst haben, das Kind könnte „nachgeben“. Manche Eltern pushen, weil sie hoffen, dass es dadurch besser wird. Manche Eltern versuchen, Migräne klein zu reden, weil sie selbst die Vorstellung nicht aushalten, dass diese Erkrankung das Leben ihres Kindes wirklich bestimmen könnte. Das ist menschlich. Aber es ist gefährlich.

Kinder und Jugendliche brauchen in dieser Situation nicht mehr Druck. Sie brauchen Verbündete. Sie brauchen Erwachsene, die ihre Realität anerkennen, auch wenn sie unbequem ist. Sie brauchen Eltern, die nicht in Panik verfallen und nicht in Härte flüchten, sondern die sagen können: Ich sehe dich. Ich glaube dir. Wir finden Wege, ohne dass du dich dafür schämen musst.

Ärzte haben in diesem Zusammenhang eine besondere Macht, auch wenn sie sie nicht missbrauchen wollen. Ihr Urteil wird geglaubt. Ihre Worte werden zu Wahrheit. Eine beiläufige Bemerkung, eine vorschnelle Deutung, ein Tonfall, der Zweifel ausstrahlt – das kann sich tiefer einbrennen als die Attacke selbst. Umgekehrt kann ein einziger Satz entlasten wie eine Decke: „Das ist Migräne. Das ist real. Du bildest dir das nicht ein.“

Wissen als Befreiung

Wissen heilt Migräne nicht. Aber es kann etwas heilen, das die Migräne oft zerstört: das Vertrauen in sich selbst. Zu wissen, dass Migräne eine neurologische Erkrankung ist, nimmt Jugendlichen die Schuld. Es nimmt Eltern die Angst, „falsch“ zu reagieren. Es nimmt Lehrkräften die Illusion, man könne das mit Disziplin lösen.

Wissen bedeutet: Ich bin nicht schwach. Ich bin nicht faul. Ich erfinde das nicht. Mein Körper reagiert. Und wenn mein Körper reagiert, darf ich das ernst nehmen. Das ist keine Romantik. Es ist Schutz. Schutz vor Scham. Schutz vor Selbsthass. Schutz vor dem Gefühl, ständig beweisen zu müssen, dass man leidet.

Anerkennung ohne Bedingungen

Viele Menschen denken bei Migräne an Schmerz. Betroffene wissen: Der Schmerz ist nur ein Teil. Der andere Teil ist die Reaktion der Welt. Die Blicke. Die Ungeduld. Die Kommentare. Die Ratschläge. Die Deutung. Die implizite Frage, ob das wirklich „berechtigt“ ist.

Wenn Jugendliche Migräne haben, brauchen sie nicht Menschen, die sofort Lösungen ausspucken. Sie brauchen Menschen, die aushalten, dass es gerade keine Lösung gibt. Menschen, die nicht reflexhaft relativieren, sondern ruhig sagen: Ich sehe, dass du leidest. Ich glaube dir.

Anerkennung bedeutet nicht, Migräne zu romantisieren. Es bedeutet nicht, den Alltag aufzugeben. Es bedeutet nicht, alles zu erlauben. Anerkennung bedeutet etwas Grundsätzlicheres: die Realität des anderen nicht zu verhandeln, nur weil sie unbequem ist.

Wenn ein Jugendlicher im Dunkeln liegt, weil Licht weh tut, dann ist das keine Inszenierung. Wenn er nicht gehen kann, weil Bewegung den Schmerz verstärkt, dann ist das keine Faulheit. Wenn er still ist, dann ist das nicht „Drama“, sondern Überleben. Und wenn er gereizt ist, dann ist das nicht Ungezogenheit, sondern ein Nervensystem im Alarmzustand.

Vielleicht bleibt am Ende nicht die perfekte Strategie, nicht der perfekte Satz, nicht die perfekte Behandlung. Vielleicht bleibt ein Wunsch, der fast kindlich klingt, aber genau deshalb wahr ist: Dass man geglaubt wird. Dass ein junger Mensch nicht zuerst beweisen muss, dass er leidet. Dass er nicht erst zusammenbrechen muss, damit man aufhört, ihn zu deuten.

Migräne ist hart. Aber sie wird noch härter, wenn man sie in die Psychoecke schiebt. Nicht, weil Psyche unwichtig wäre, sondern weil man damit den Schmerz entwertet und den Menschen verantwortlich macht für etwas, das er nicht gewählt hat. Und genau das ist die tiefste Verletzung: nicht die Attacke, sondern das Gefühl, dass man sie erst verdienen muss, ernst genommen zu werden.



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