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Die Nieren sind Hochleistungsorgane: Sie filtern Giftstoffe aus dem Blut, regulieren den Flüssigkeits- und Elektrolythaushalt und stabilisieren den Säure-Basen-Haushalt. Fällt diese Funktion plötzlich aus, spricht man von akutem Nierenversagen. Dieser Zustand entwickelt sich innerhalb von Stunden bis wenigen Tagen und ist lebensbedrohlich.

Damit Betroffene und Angehörige die Erkrankung besser einordnen können, fasst dieser Überblick die Ursachen, die Warnzeichen (von frühem bis kritischem Stadium), Schmerzen als indirektes Signal, die Folgen, die Behandlung sowie die Prognose zusammen.

Frau (ca. 35–45) hält sich an die rechte Flanke; rechts der Text: „Akutes Nierenversagen – plötzlich und lebensgefährlich“. Heller Hintergrund.
Akutes Nierenversagen

Ursachen im Detail

Medizinisch wird nach dem Ort der Störung unterschieden: prärenal (vor der Niere), renal (in der Niere) und postrenal (hinter der Niere).

Prärenales Nierenversagen – wenn zu wenig Blut die Niere erreicht

Die Niere benötigt eine konstante, ausreichende Durchblutung. Sinkt sie abrupt, bricht die Filterleistung ein. Auslöser sind unter anderem massiver Blutverlust (Unfälle, Operationen, innere Blutungen), ausgeprägter Flüssigkeitsmangel (anhaltendes Erbrechen, Durchfälle, Hitzschlag, großflächige Verbrennungen), eine akute Herzschwäche oder ein Herzinfarkt mit vermindertem Herzzeitvolumen sowie Schockzustände, etwa bei Sepsis (Blutvergiftung) oder schwerer allergischer Reaktion.

Renales Nierenversagen – die Niere selbst ist geschädigt

Hier ist das Nierengewebe (Nephrone) direkt betroffen: akute Entzündungen wie die Glomerulonephritis, Infektionen (z. B. akute Pyelonephritis), toxische Schädigungen durch Medikamente (einige Schmerzmittel, bestimmte Antibiotika, Zytostatika) oder Röntgenkontrastmittel, Autoimmunerkrankungen (z. B. Lupus erythematodes) sowie Sauerstoffmangel nach Kreislaufstillstand. Nierenzellen sind empfindlich und erholen sich nur begrenzt.

Postrenales Nierenversagen – wenn der Urin nicht abfließen kann

Liegt eine Abflussblockade „hinter“ der Niere, staut sich Urin zurück, der Druck im Nierengewebe steigt und die Filtration bricht ein. Häufige Ursachen: Nieren- oder Harnleitersteine (kolikartige Schmerzen), Tumoren in Blase oder Harnleitern, Narben/Verwachsungen oder eine vergrößerte Prostata, die die Harnröhre einengt. Ist der Abfluss beidseitig blockiert (oder die einzige Niere betroffen), kann es rasch zum akuten Versagen kommen.

Warnzeichen – von unscheinbar bis lebensbedrohlich

Das Tückische: Akutes Nierenversagen beginnt oft „leise“. Frühe Signale wirken unspezifisch und werden leicht übersehen. Mit Fortschreiten nehmen die Beschwerden an Deutlichkeit und Gefährlichkeit zu.

Frühes Stadium

Ein zentrales Frühzeichen ist die deutlich verringerte Urinmenge (Oligurie), in schweren Fällen ein komplettes Ausbleiben (Anurie). Der Urin kann dunkel, bräunlich oder rötlich erscheinen, teils trüb oder schäumend. Parallel treten Müdigkeit, Antriebslosigkeit, Konzentrationsschwierigkeiten und das Gefühl geistiger Benommenheit auf. Häufig kommen Appetitlosigkeit, leichter Übelkeit und ein metallischer Geschmack hinzu – Ausdruck einer beginnenden Harnstoff-Anreicherung im Blut.

Fortgeschrittenes Stadium

Da überschüssiges Wasser nicht ausgeschieden wird, entstehen Wassereinlagerungen (Ödeme) – zunächst an Knöcheln und Fußrücken, später an Händen und Augenlidern (morgendliche „Schwellaugen“). Das Körpergewicht steigt scheinbar grundlos. Durch das erhöhte intravasale Volumen kann der Blutdruck plötzlich ansteigen. Das Nervensystem reagiert mit Kopfschmerzen, Gedächtnisproblemen und geistiger Verlangsamung. Die Haut wirkt fahl und trocken, quälender Juckreiz kann auftreten, weil Stoffwechselprodukte über die Haut abgelagert werden.

Kritisches Stadium

Lagert sich Flüssigkeit in der Lunge ein (Lungenödem), entsteht Atemnot – erst bei Belastung, später in Ruhe; häufig begleitet von Enge- oder Druckgefühl im Brustkorb und rasselnden Atemgeräuschen. Ein erhöhter Kaliumspiegel (Hyperkaliämie) kann Herzrhythmusstörungen bis zum Herzstillstand auslösen. Der gestörte Elektrolythaushalt führt zu Muskelkrämpfen, Zuckungen oder Lähmungserscheinungen. Zunehmende Übelkeit, Erbrechen und ausgeprägte Leistungsminderung sind typisch. Das Gehirn reagiert mit Verwirrtheit, Schläfrigkeit – bis hin zur Bewusstlosigkeit (Koma). Diese Zeichen sind medizinische Notfälle.

Schmerzen – ein indirektes Warnsignal

Das akute Nierenversagen selbst verursacht meist keine Schmerzen. Treten starke Schmerzen auf, deuten sie häufig auf die Ursache hin: Nieren- oder Harnleitersteine (heftige, wellenförmige Flankenkoliken), akute Nierenbeckenentzündung (dumpfer Flankenschmerz mit Fieber und Schüttelfrost) oder eine Abflussstörung durch Prostata-Vergrößerung bzw. Tumoren (Druckschmerz im Unterbauch).

Folgen für den Körper

Ohne rasche Behandlung reichern sich Giftstoffe, Säuren und überschüssiges Wasser an. Besonders gefährlich ist eine Hyperkaliämie, die jederzeit lebensbedrohliche Herzrhythmusstörungen auslösen kann. Flüssigkeitsüberlastung schädigt Lunge (Ödem), Herz (Belastung, Rhythmusstörungen) und Gehirn (Enzephalopathie).

Behandlung – je schneller, desto besser

Die Therapie richtet sich nach der Ursache und verfolgt drei Ziele: Kreislauf stabilisieren, die auslösende Störung beheben und die Niere überbrücken/entlasten, bis sie sich erholt.

1) Stabilisierung von Kreislauf und Flüssigkeitshaushalt

Bei Flüssigkeitsmangel erfolgen isotonische Infusionen zur Volumenauffüllung; bei Blutverlust werden Erythrozytenkonzentrate transfundiert. Liegt eine akute Herzschwäche vor, unterstützen geeignete Medikamente (z. B. Inotropika, Diuretika in ausgewählten Situationen) das Herzzeitvolumen. Engmaschiges Monitoring von Blutdruck, Puls, Urinausscheidung und Laborwerten ist essenziell.

2) Behandlung der zugrunde liegenden Ursache

Infektionen werden mit kalkulierten und anschließend resistenzgerechten Antibiotika behandelt. Entzündliche Nierenerkrankungen können eine immunsuppressive Therapie (z. B. Kortikosteroide) erfordern. Nierenschädigende Medikamente oder Gifte werden sofort abgesetzt; bei Kontrastmitteln wird eine Schutzstrategie (Hydrierung, Vermeidung erneuter Exposition) verfolgt. Abflussstörungen werden beseitigt: Steinentfernung, Harnleiterschiene, Blasenkatheter; bei Prostatahyperplasie zunächst Katheter, ggf. operative Therapie; bei Tumoren abhängig von Lage/Stadium urologische oder onkologische Verfahren.

3) Ernährung und Flüssigkeitsbilanz

Die Trinkmenge wird individuell angepasst, um Überwässerung zu vermeiden, ohne die Perfusion zu gefährden. Die Eiweißzufuhr wird moderat gehalten (ausreichend, aber nicht übermäßig), um die Stickstofflast zu verringern; Salz und vor allem Kalium werden kontrolliert, weil die Niere Elektrolyte nicht adäquat regulieren kann. Regelmäßige Gewichtskontrollen und Bilanzierung (Ein-/Ausscheidung) sind Standard.

4) Nierenersatzverfahren (Dialyse)

Wenn sich Giftstoffe und Flüssigkeit rasch anreichern oder eine Hyperkaliämie/Urämie besteht, ist eine Dialyse indiziert. Verfahren (z. B. Hämodialyse, Hämofiltration) werden je nach Kreislaufstabilität gewählt. Bei akutem Nierenversagen ist die Dialyse oft vorübergehend, bis sich die Nierenfunktion erholt.

5) Intensivmedizinische Überwachung

In schweren Verläufen erfolgt eine Behandlung auf der Intensivstation mit kontinuierlichem Monitoring (Herzrhythmus, Blutdruck, Sauerstoffsättigung, Urinausscheidung, Laborparameter), um Komplikationen wie Herzstillstand, Lungenödem oder schwere Elektrolytentgleisungen frühzeitig zu erkennen und zu behandeln.

Prognose – wie sind die Heilungschancen?

Die Prognose hängt vor allem von Ursache, Ausmaß und Dauer der Nierenschädigung, dem allgemeinen Gesundheitszustand sowie der Schnelligkeit der Therapie ab. Viele prärenale Fälle (z. B. Volumenmangel) sind bei zügiger Behandlung reversibel, die Nierenfunktion normalisiert sich oft innerhalb von Tagen bis wenigen Wochen. Bei renalen Schäden mit struktureller Gewebebeteiligung ist die Erholung langsamer und ggf. unvollständig; es bleibt ein erhöhtes Risiko für eine chronische Niereninsuffizienz.

Die Sterblichkeit im Kontext des akuten Nierenversagens ist vor allem bei kritisch Kranken (Sepsis, Multiorganversagen, große Operationen) erhöht – weniger wegen der Niere allein, sondern weil die Erkrankung in Hochrisikosituationen auftritt. Positiv ist: Durch moderne Intensivmedizin, frühzeitige Diagnostik und wirksame Nierenersatzverfahren haben sich die Überlebenschancen deutlich verbessert.

Fazit

Akutes Nierenversagen ist eine dramatische, aber behandelbare Situation. Die Warnzeichen reichen von verminderter Urinausscheidung, Müdigkeit und Schwellungen bis zu Atemnot, Rhythmusstörungen und Bewusstseinsstörungen. Schmerzen sind kein typisches Symptom, deuten aber oft auf die Ursache hin (z. B. Stein, Infektion, Abflussstörung). Die Behandlung zielt darauf, Kreislauf und Flüssigkeitshaushalt zu stabilisieren, die Ursache rasch zu beheben und die Nierenfunktion – nötigenfalls per Dialyse – zu überbrücken. Je früher reagiert wird, desto besser sind die Heilungschancen. Viele Betroffene erholen sich vollständig.

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