Harnsäure entsteht beim Abbau von Purinen und ist vielen vor allem durch Gicht ein Begriff. Neue Auswertungen großer Bevölkerungsdaten legen nahe, dass Harnsäure auch für Herz und Gefäße relevanter sein könnte als bisher gedacht – selbst, wenn der Laborwert noch im „Normalbereich“ liegt.

Was ist Harnsäure – und warum interessiert sie Kardiologen?
Harnsäure ist ein Stoffwechselprodukt, das über die Nieren ausgeschieden wird. Wird zu viel gebildet oder zu wenig ausgeschieden, steigt der Blutspiegel. Ein erhöhter Harnsäurespiegel kann Entzündungsprozesse, oxidativen Stress und Gefäßveränderungen begünstigen – Mechanismen, die auch bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen eine Rolle spielen.
Kernbefund: Zusammenhang mit Gefäßsteifigkeit
In bevölkerungsbezogenen Analysen zeigte sich: Bereits im üblichen Referenzbereich war Harnsäure positiv mit einer erhöhten Gefäßsteifigkeit assoziiert. Besonders deutlich erschien dieser Zusammenhang bei Frauen. Gefäßsteifigkeit gilt als Warnsignal – sie steht in Verbindung mit Bluthochdruck, Herzinfarkt und Schlaganfall.
Warum „normale“ Werte trotzdem wichtig sein können
Referenzbereiche beschreiben, was in einer Bevölkerung häufig vorkommt – sie sind kein persönlicher Sicherheitsausweis. Wenn Harnsäure schon innerhalb dieser Spanne mit steiferen Gefäßen verknüpft ist, könnte das bedeuten: Der individuelle „optimale“ Bereich liegt für manche Menschen niedriger als gedacht, insbesondere, wenn weitere Risiken wie Bluthochdruck, Diabetes, Übergewicht, Nierenerkrankungen, Bewegungsmangel oder Rauchen hinzukommen.
Wer sollte genauer hinschauen?
Sinnvoll ist Aufmerksamkeit besonders, wenn bereits Herz-Kreislauf-Risikofaktoren bestehen, in der Familie frühe Herzereignisse vorkamen, Blutdruck oder Blutzucker erhöht sind oder du wiederholt grenzwertige Harnsäurewerte hattest. Für Frauen könnten die neuen Hinweise eine besondere Bedeutung haben.
Was kannst du konkret tun?
Sprich bei der nächsten Routineuntersuchung deine Harnsäure an – so wie Cholesterin oder Blutzucker. In die Gesamtschau gehören immer Blutdruck, Blutzucker, Blutfette, Nierenfunktion, Lebensstil und persönliche Vorerkrankungen. Häufig lassen sich Harnsäure und Gefäßrisiken gleichzeitig durch Alltagsmaßnahmen günstig beeinflussen: ausreichend trinken (sofern medizinisch erlaubt), ausgewogen essen (gemüsebetont, moderat purinreiche Lebensmittel), Gewicht normalisieren, Alkohol einschränken, regelmäßig bewegen und nicht rauchen.
Wann zur Ärztin oder zum Arzt?
Hol dir medizinischen Rat, wenn du mehrere Risikofaktoren hast, wiederholt erhöhte oder grenzwertige Harnsäuremessungen vorlagen, du Gefäßbeschwerden vermutest (zum Beispiel anhaltender Bluthochdruck) oder Medikamente einnimmst, die den Harnsäurespiegel beeinflussen können. Setze Arzneimittel niemals eigenmächtig ab oder neu an – Therapieanpassungen gehören in ärztliche Hände.
Fazit
Harnsäure ist nicht nur ein Thema bei Gicht. Die aktuellen Daten sprechen dafür, ihrer Konzentration auch im Normalbereich mehr Beachtung zu schenken – insbesondere bei Frauen. Künftig könnten Referenzbereiche und Risikoeinstufungen angepasst werden. Bis dahin gilt: Harnsäure in die Routinediagnostik und die persönliche kardiovaskuläre Risikoprüfung einbeziehen und gemeinsam mit der Ärztin oder dem Arzt im Gesamtbild bewerten.