Ublituximab (Handelsname Briumvi) ist ein neuer monoklonaler Antikörper, der am 31. Mai 2023 in der Europäischen Union zur Behandlung der schubförmig remittierenden Multiplen Sklerose (RMS) bei Erwachsenen mit aktiver Erkrankung zugelassen wurde. Die Erkrankung, die das zentrale Nervensystem betrifft, führt zu entzündlichen Schüben, die langfristig Nervenschäden verursachen können. Während es keine Heilung gibt, zielt Ublituximab darauf ab, die überschießende Immunreaktion zu dämpfen und den Krankheitsverlauf zu verlangsamen.
Wirkweise von Ublituximab (Briumvi)
Ublituximab gehört zur Gruppe der monoklonalen Antikörper, einer Klasse moderner Biologika, die gezielt in das Immunsystem eingreifen. Bei Multipler Sklerose kommt es zu einer Fehlsteuerung des Immunsystems, bei der körpereigene Abwehrzellen fälschlicherweise das zentrale Nervensystem angreifen. Dieser Angriff richtet sich vor allem gegen die Myelinscheiden, die schützenden Hüllen der Nervenfasern. Die daraufhin entstehenden Entzündungen führen zu Schäden an den Nerven und beeinträchtigen die Signalweiterleitung im Gehirn und Rückenmark. Dadurch entstehen Symptome wie Sehstörungen, Muskelschwäche, Taubheitsgefühle und Koordinationsprobleme.
Ublituximab setzt genau an dieser krankhaften Immunreaktion an, indem es gezielt auf eine Untergruppe der weißen Blutkörperchen, die sogenannten B-Zellen, einwirkt. Diese Immunzellen sind ein wichtiger Bestandteil der körpereigenen Abwehr, können jedoch bei Multipler Sklerose zur Fehlregulation des Immunsystems beitragen. Sie sind an der Produktion von Antikörpern beteiligt und spielen eine Rolle in der Kommunikation mit anderen Immunzellen, insbesondere mit den T-Zellen, die ebenfalls an den Entzündungsprozessen beteiligt sind.
Für welche Personen ist Ublituximab am besten geeignet?
Ublituximab ist für die Behandlung von Erwachsenen mit schubförmig remittierender Multipler Sklerose (RMS) zugelassen, die eine aktive Verlaufsform der Erkrankung aufweisen. Diese Aktivität äußert sich durch häufige Schübe, die trotz bereits bestehender krankheitsmodifizierender Therapien weiterhin auftreten, oder durch das Auftreten neuer Entzündungsherde im zentralen Nervensystem, die auf MRT-Scans nachweisbar sind.
Besonders geeignet ist Ublituximab für Menschen, die trotz vorheriger Behandlung mit anderen MS-Medikamenten weiterhin eine hohe Krankheitsaktivität zeigen. Studien haben gezeigt, dass Patienten, die unter bestehenden Therapien keine ausreichende Kontrolle über die Krankheitsaktivität erlangen konnten, von Ublituximab profitieren können. Das Medikament bietet eine stärkere Unterdrückung der Immunreaktion auf B-Zellen als einige der älteren MS-Therapien, was zu einer besseren Eindämmung von Entzündungsprozessen im Gehirn und Rückenmark führt.
Auch für Menschen, die sich eine weniger häufige Einnahmeform wünschen, kann Ublituximab eine geeignete Option sein. Während viele MS-Therapien in Form von täglichen Tabletten oder regelmäßigen Injektionen verabreicht werden, erfolgt die Gabe von Ublituximab nur alle sechs Monate per Infusion. Dies kann für Personen, die Schwierigkeiten mit der täglichen Medikamenteneinnahme haben oder empfindlich auf orale Präparate reagieren, eine komfortablere Behandlungsoption darstellen.
Ein weiterer relevanter Faktor ist das Sicherheitsprofil des Medikaments. Während alle Immuntherapien mit gewissen Risiken verbunden sind, zeigen Langzeitstudien zu Ublituximab, dass die Rate schwerwiegender Nebenwirkungen im Vergleich zu anderen hochwirksamen MS-Therapien niedrig ist. Das bedeutet, dass es für Personen, die mit anderen Behandlungen unerwünschte oder schwerwiegende Nebenwirkungen erlebt haben, eine verträglichere Alternative sein kann.
Dennoch ist Ublituximab nicht für alle Patienten gleichermaßen geeignet. Menschen mit einem geschwächten Immunsystem oder bestehenden Infektionen müssen vor Beginn der Therapie sorgfältig geprüft werden, da die B-Zell-Depletion die Infektanfälligkeit erhöhen kann. Auch Schwangere oder Frauen mit Kinderwunsch sollten mit ihrem behandelnden Arzt abklären, ob Ublituximab für sie in Frage kommt, da die langfristigen Auswirkungen auf die Fruchtbarkeit und Schwangerschaft noch nicht vollständig erforscht sind.
Die Entscheidung für oder gegen Ublituximab sollte immer individuell in enger Abstimmung mit dem behandelnden Neurologen getroffen werden. Faktoren wie der bisherige Krankheitsverlauf, bestehende Begleiterkrankungen, persönliche Präferenzen hinsichtlich der Behandlungsform sowie mögliche Risiken und Vorteile sollten dabei sorgfältig abgewogen werden. Dank seiner hohen Wirksamkeit und guten Verträglichkeit kann Ublituximab für viele Menschen mit aktiver RMS eine wertvolle Therapieoption darstellen, insbesondere wenn andere Behandlungen nicht den gewünschten Erfolg gebracht haben.
Vorteile von Ublituximab (Briumvi) gegenüber anderen MS-Medikamenten
Ublituximab (Briumvi) bietet im Vergleich zu anderen zugelassenen MS-Therapien mehrere Vorteile, die es zu einer vielversprechenden Behandlungsoption für Menschen mit schubförmig remittierender Multipler Sklerose (RMS) machen.
Ein entscheidender Vorteil ist die starke Reduktion der jährlichen Schubrate. Klinische Studien zeigen, dass Ublituximab die Schubrate um bis zu 59 % im Vergleich zu Teriflunomid senken kann. Damit zeigt es eine höhere Wirksamkeit als viele ältere krankheitsmodifizierende Therapien. Zudem wurden in MRT-Scans deutlich weniger neue oder vergrößerte T2-Läsionen im Gehirn festgestellt, was auf eine wirksamere Eindämmung der Krankheitsaktivität hinweist.
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die schnelle und anhaltende Wirkung. Bereits wenige Wochen nach der ersten Infusion wird eine signifikante Reduktion der B-Zellen erreicht, was bedeutet, dass Ublituximab schneller als viele orale oder injizierbare MS-Medikamente zu wirken beginnt. Die Behandlung wird als intravenöse Infusion verabreicht, was es von anderen B-Zell-Therapien wie Ocrelizumab unterscheidet, die eine langsamere Infusionsverabreichung erfordern. Die kürzere Infusionsdauer von ca. einer Stunde ist ein klarer Vorteil für Patienten, die sich einer regelmäßigen Behandlung unterziehen müssen.
Langfristige Daten zur Behinderungsprogression zeigen ebenfalls positive Ergebnisse. 92 % der mit Ublituximab behandelten Patienten waren nach fünf Jahren frei von bestätigter Behinderungsprogression. Das deutet darauf hin, dass die Therapie nicht nur Schübe verhindert, sondern auch den Verlauf der Erkrankung langfristig verlangsamt.
Im Vergleich zu anderen krankheitsmodifizierenden MS-Medikamenten weist Ublituximab ein stabiles Sicherheitsprofil auf. Nebenwirkungen wie Infusionsreaktionen treten häufig auf, sind jedoch meist mild bis moderat. Im Gegensatz zu einigen älteren Immuntherapien konnte bisher kein erhöhtes Risiko für schwerwiegende Nebenwirkungen oder sekundäre Autoimmunerkrankungen festgestellt werden. Zudem scheint das Infektionsrisiko unter Ublituximab vergleichbar oder niedriger als bei anderen B-Zell-depletierenden Therapien zu sein.
Zusammenfassend bietet Ublituximab eine Kombination aus hoher Wirksamkeit, schneller Wirkung, langer Schutzdauer und einem guten Sicherheitsprofil. Die kürzere Infusionszeit und die anhaltenden positiven Langzeitdaten machen es zu einer attraktiven Alternative für Menschen mit aktiver MS, insbesondere für jene, die eine stärker wirksame Therapie mit weniger häufigen Einnahmeintervallen bevorzugen.
Verabreichung der Therapie
Ublituximab wird intravenös als Infusion verabreicht, was bedeutet, dass der Wirkstoff direkt in die Vene geleitet wird. Diese Verabreichungsform gewährleistet eine gleichmäßige Verteilung des Medikaments im Körper und sorgt für eine langanhaltende Wirkung. Im Vergleich zu oralen Medikamenten oder subkutanen Injektionen ermöglicht die Infusion eine gezielte Dosierung, wodurch die Wirkstoffkonzentration über einen längeren Zeitraum stabil bleibt. Zudem lassen sich mögliche Nebenwirkungen während der Verabreichung besser kontrollieren, da Patienten während der Infusion ärztlich überwacht werden können.
Die Behandlung mit Ublituximab beginnt mit einer Initialdosis, die über zwei separate Infusionen verabreicht wird. Die erste Infusion erfolgt über einen Zeitraum von vier Stunden, um das Risiko von Infusionsreaktionen zu minimieren. Eine zweite Infusion folgt zwei Wochen später und dauert in der Regel nur noch etwa eine Stunde. Diese schrittweise Einleitung der Therapie hilft dem Körper, sich an das Medikament anzupassen und mögliche Nebenwirkungen frühzeitig zu erkennen.
Nach der Initialphase erfolgen die weiteren Infusionen in einem Abstand von sechs Monaten. Jede dieser Erhaltungsinfusionen dauert nur noch etwa eine Stunde, was die Therapie für viele Menschen im Vergleich zu anderen MS-Behandlungen weniger zeitaufwendig macht. Der lange Abstand zwischen den Infusionen bedeutet, dass die Behandlung nicht täglich oder wöchentlich durchgeführt werden muss, was für viele Patienten eine erhebliche Erleichterung im Alltag darstellt.
Der große Vorteil dieser halbjährlichen Infusionsintervalle besteht darin, dass Patienten über Monate hinweg von der Wirkung des Medikaments profitieren können, ohne sich regelmäßig an die Einnahme einer Tablette oder eine Injektion erinnern zu müssen. Dies reduziert nicht nur den psychologischen Druck einer täglichen Medikamenteneinnahme, sondern minimiert auch die Wahrscheinlichkeit von Anwendungsfehlern, die bei selbst verabreichten Medikamenten auftreten können.
Für die Verabreichung ist ein Besuch in einer spezialisierten Klinik oder Infusionspraxis erforderlich, da die Infusionen unter ärztlicher Aufsicht stattfinden müssen. Während der Infusion werden Patienten engmaschig überwacht, um eventuelle Reaktionen sofort behandeln zu können. Die häufigsten Nebenwirkungen treten in der Regel während oder kurz nach der Infusion auf und umfassen leichte bis moderate Symptome wie Fieber, Schüttelfrost, Kopfschmerzen oder Hautrötungen. Diese klingen meist innerhalb weniger Stunden bis Tage ab.
Durch die Kombination aus hoher Wirksamkeit, langanhaltender Wirkung und minimalem Aufwand bei der Verabreichung stellt Ublituximab für viele Menschen mit schubförmig remittierender Multipler Sklerose eine attraktive Therapieoption dar. Die halbjährliche Infusionsfrequenz ermöglicht es Patienten, ihr tägliches Leben weitgehend unbeeinträchtigt von einer regelmäßigen Medikamenteneinnahme zu führen, während gleichzeitig eine effektive Kontrolle der Krankheitsaktivität gewährleistet wird.
Erfahrungen von Patienten mit Ublituximab
Die bisherigen Erfahrungen mit Ublituximab (Briumvi) stammen sowohl aus klinischen Studien als auch aus den ersten realen Anwendungen nach der Zulassung. Besonders aussagekräftig sind die Phase-3-Studien ULTIMATE I und ULTIMATE II, in denen das Medikament mit Teriflunomid, einem gängigen oralen MS-Medikament, verglichen wurde. In diesen Studien konnte gezeigt werden, dass Ublituximab die jährliche Schubrate signifikant um 49 % bis 59 % senken kann. Dies bedeutet, dass Patienten, die zuvor regelmäßig Schübe erlebten, eine deutlich geringere Krankheitsaktivität unter der Behandlung mit Ublituximab aufwiesen.
Neben der Reduktion von Schüben zeigte sich in den Studien auch eine verminderte Entzündungsaktivität im Gehirn. Dies wurde durch MRT-Scans bestätigt, die eine deutliche Reduktion neuer oder vergrößerter T2-Läsionen unter Ublituximab belegten. Eine geringere Anzahl aktiver Entzündungsherde bedeutet, dass das Fortschreiten der Erkrankung verlangsamt werden kann, was für viele Betroffene eine entscheidende Verbesserung der Lebensqualität darstellt.
Langfristige Daten aus den Studien zeigen zudem, dass die positiven Effekte über Jahre hinweg anhalten können. Patienten, die über einen Zeitraum von bis zu fünf Jahren kontinuierlich mit Ublituximab behandelt wurden, berichteten von einer weiteren Verringerung des Rückfallrisikos in den späteren Behandlungsjahren. Dies legt nahe, dass das Medikament nicht nur eine kurzfristige Wirkung hat, sondern langfristig stabilisierend auf das Immunsystem wirkt. Besonders bemerkenswert ist, dass nach fünf Jahren kontinuierlicher Behandlung 92 % der Patienten frei von bestätigter Behinderungsprogression waren. Das bedeutet, dass sich die neurologischen Einschränkungen bei der großen Mehrheit der Patienten nicht weiter verschlechterten, was für eine hochwirksame MS-Therapie ein entscheidender Erfolg ist.
Ein wichtiger Aspekt in der Patientenbewertung von Ublituximab ist zudem die Verträglichkeit und das Nebenwirkungsprofil. Während viele MS-Medikamente mit starken Nebenwirkungen verbunden sind, zeigt sich bei Ublituximab ein vergleichsweise stabiles Sicherheitsprofil. Die häufigsten Nebenwirkungen, die von Patienten berichtet wurden, sind infusionsbedingte Reaktionen wie Fieber, Schüttelfrost, Kopfschmerzen oder Hautausschlag. Diese traten meist während oder kurz nach der Infusion auf und waren in der Regel mild bis moderat. Die meisten dieser Reaktionen konnten durch unterstützende Maßnahmen gut behandelt werden.
Infektionen sind bei jeder Immuntherapie eine potenzielle Nebenwirkung, da das Immunsystem durch die Reduktion der B-Zellen geschwächt wird. In den bisherigen Studien war jedoch die Rate schwerer Infektionen vergleichsweise niedrig, was darauf hindeutet, dass Ublituximab das Immunsystem zwar beeinflusst, aber nicht in einem kritischen Ausmaß unterdrückt. Dies könnte es für Patienten, die ein hohes Risiko für Nebenwirkungen durch andere MS-Therapien haben, zu einer attraktiven Alternative machen.
Die bisherigen Erfahrungen zeigen, dass Ublituximab eine hochwirksame und zugleich gut verträgliche Behandlungsoption für Patienten mit aktiver RMS darstellt. Die Kombination aus einer starken Reduktion der Schübe, einer langfristigen Verlangsamung der Behinderungsprogression und einem stabilen Sicherheitsprofil macht es für viele Betroffene zu einer wertvollen Therapieoption. Zukünftige Langzeitstudien und die weitere Beobachtung in der realen Anwendung werden zeigen, ob die positiven Effekte über noch längere Zeiträume bestehen bleiben.
Was Ublituximab für die Behandlung von MS bedeutet
Die Zulassung von Ublituximab erweitert die Therapieoptionen für Menschen mit schubförmig remittierender Multipler Sklerose. Da die Erkrankung individuell unterschiedlich verläuft, gibt es keine universelle Behandlung für alle. Die Entscheidung für eine Therapie sollte daher immer in enger Absprache mit einem Neurologen getroffen werden, um die beste Lösung für die persönliche Situation zu finden.
Quellen
- Hauser, S. L., et al. (2022). "Efficacy and Safety of Ublituximab in Relapsing Multiple Sclerosis." The New England Journal of Medicine. https://www.nejm.org/doi/full/10.1056/NEJMoa2201904
- Steinman, L., et al. (2024). "Long-term Effects of Ublituximab in Multiple Sclerosis Therapy." Frontiers in Neurology. https://www.frontiersin.org/journals/neurology/articles/10.3389/fneur.2024.1473284/full
- TG Therapeutics Inc. (2023). "New Data on Ublituximab Demonstrates 92% of Patients Free from Disability Progression." TG Therapeutics Press Release. https://ir.tgtherapeutics.com/news-releases/news-release-details/new-data-briumvir-ublituximab-xiiy-demonstrate-92-patients