Manchmal fühlt es sich an, als würde die Welt schrumpfen. Dinge, die früher selbstverständlich waren, werden plötzlich zur Herausforderung. Ein einfacher Spaziergang kann zur Hürde werden, Pläne müssen spontan geändert oder ganz aufgegeben werden. Und das Schwierigste daran ist oft nicht nur der eigene Körper, sondern die Unsichtbarkeit der Krankheit für andere.
Wenn die Unsichtbarkeit zur Last wird
Jeden Tag dieses Gefühl, dass die Umwelt nicht sieht, was im eigenen Körper vor sich geht. Dass die Müdigkeit nicht „normale“ Erschöpfung ist, sondern etwas viel Tieferes, etwas, das durch Schlaf nicht einfach verschwindet. Dass die Hände sich nicht so anfühlen, wie sie sollten, oder dass die Gedanken sich verlangsamen, ohne dass jemand anderes es merkt.
Erklärungen kosten Kraft, und oft reicht sie nicht aus, um jedes Mal aufs Neue zu begründen, warum etwas nicht geht. Die Unsichtbarkeit der Krankheit kann einsam machen. Besonders an den Tagen, an denen das Verständnis fehlt oder gut gemeinte Ratschläge wie „Du musst dich einfach mehr bewegen“ ins Leere laufen.
An Tagen wie diese – wenn nichts mehr geht
Dann sind da diese Tage, an denen nichts mehr funktioniert. Tage, an denen selbst der eigene Körper fremd wirkt, als würde er nicht mehr dazugehören. Vielleicht lässt die Kraft nach, die Beine geben nach, oder die Worte kommen nicht so heraus, wie sie sollten. Es ist frustrierend. Nicht nur, weil es die alltäglichen Dinge erschwert, sondern weil es ein unüberhörbares Zeichen ist: Die Kontrolle liegt nicht mehr vollständig in den eigenen Händen.
Und wenn die Dunkelheit dann auch die Gedanken einholt, wird es besonders schwer. Die Frage nach der Zukunft kann erdrückend sein. Was wird noch möglich sein? Was wird verschwinden? Was, wenn alles noch schlimmer wird? An diesen Tagen fühlt sich die Krankheit wie eine Wand an – eine Wand, die keine Tür hat.
Das Gefühl, sich selbst zu verlieren
Es gibt Momente, in denen der Blick in den Spiegel schwerfällt. Momente, in denen man sich fragt: Bin ich noch die gleiche Person wie früher? Die Krankheit verändert nicht nur den Körper, sie verändert das Leben. Vielleicht musste ein Job aufgegeben werden, weil der Stress zu viel wurde. Vielleicht sind Hobbys, die früher so viel Freude gemacht haben, nicht mehr möglich. Vielleicht sind Beziehungen zerbrochen, weil andere nicht verstehen konnten, was MS bedeutet.
Dieses Gefühl des Verlusts kann schmerzhaft sein. Denn es ist nicht nur der Körper, der sich verändert, sondern oft auch das eigene Selbstbild. Wer bin ich noch, wenn ich nicht mehr alles kann, was ich einmal konnte? Was bleibt übrig, wenn so vieles verloren geht?
Und dann kommt manchmal die Angst. Nicht nur die Angst vor dem, was noch kommen könnte, sondern auch die Angst, anderen zur Last zu fallen. Diese Gedanken sind schwer, sie sind dunkel, und oft sind sie genau das, was in Gesprächen unausgesprochen bleibt.
Kann das gar nicht oft genug betonen, denn manchmal kann die Welt bei einer chronischen Krankheit sehr isolierend sein, und wie jeder weiß, gibt es Höhen und Tiefen.
Selma Blair, Schauspielerin mit MS
Es ist dieses Auf und Ab, das so schwer greifbar ist. Diese Momente, in denen sich alles anfühlt wie früher, nur um kurz darauf von der nächsten Welle an Symptomen oder Einschränkungen überrollt zu werden. Und wenn diese Wellen zu oft kommen, wenn die Tiefpunkte sich aneinanderreihen, dann kann sich die Welt plötzlich sehr klein anfühlen.
Es gibt einfach diese Tage
Es gibt sie, diese Tage, an denen alles zu viel ist. An denen die Angst überhandnimmt. An denen nichts gelingt und die Welt sich erdrückend anfühlt. Vielleicht sind es Schmerzen, die nicht nachlassen. Vielleicht ist es die Müdigkeit, die so tief sitzt, dass selbst das Denken schwerfällt. Vielleicht ist es der Moment, in dem klar wird, dass etwas, das noch vor wenigen Wochen möglich war, nun nicht mehr geht.
Diese Momente lassen sich nicht vermeiden. Sie sind Teil des Lebens mit MS. Aber sie bedeuten nicht, dass alles verloren ist.
Es hilft nicht, so zu tun, als wäre immer alles in Ordnung. Es ist in Ordnung, wütend zu sein. Es ist in Ordnung, zu trauern. Es ist in Ordnung, Momente der Verzweiflung zu haben. Aber es ist auch wichtig, sich nicht in dieser Dunkelheit zu verlieren.
Denn egal, wie schwer es manchmal ist – es gibt auch die anderen Tage. Die Tage, an denen ein Gespräch mit einem Freund Licht in die Dunkelheit bringt. Die Tage, an denen ein kleiner Erfolg zeigt, dass es noch Möglichkeiten gibt. Die Tage, an denen es gelingt, einen Moment wirklich zu genießen, ohne an die Krankheit zu denken.
Was bleibt, wenn vieles geht?
Auch wenn MS vieles nimmt, bleibt doch immer etwas übrig. Vielleicht ist es die Fähigkeit, andere mit mehr Verständnis zu sehen, weil man selbst weiß, wie es sich anfühlt, wenn Dinge nicht mehr so einfach sind. Vielleicht ist es eine neu entdeckte Stärke, weil man jeden Tag aufsteht, obwohl es manchmal so schwer ist. Vielleicht ist es die Erkenntnis, dass das Leben nicht nur aus großen Momenten besteht, sondern aus kleinen, wertvollen Augenblicken.
Ein Lächeln, trotz Schmerzen. Ein Gespräch, das Mut macht. Ein Tag, an dem die Krankheit nicht über alles bestimmt.
MS verändert viel. Aber sie nimmt nicht, wer man ist. Es gibt immer noch Träume, Ziele, Momente, die das Leben lebenswert machen. Vielleicht sehen sie anders aus als früher, vielleicht brauchen sie mehr Zeit, mehr Geduld, mehr Anpassung. Aber sie sind da.
Leben bedeutet nicht nur Funktionieren
Es gibt Tage, an denen alles einfach nur mühsam ist. Und es gibt Tage, an denen der eigene Wert nicht davon abhängt, was der Körper gerade kann. MS nimmt vieles – aber nicht alles. Es bleibt das, was man aus den guten Tagen macht, die Verbundenheit mit anderen und die Fähigkeit, sich selbst Raum zu geben, auch wenn es schwerfällt.
Höhen und Tiefen sind Teil des Weges. Die Tiefen sind oft schmerzhaft, aber die Höhen bleiben trotzdem wertvoll. Manchmal ist es nur ein kurzer Moment, in dem das Leben wieder leicht erscheint – aber genau diese Momente sind es, die zeigen, dass die Krankheit nicht alles bestimmt.
Wenn die Welt wieder größer wird
Aber dann gibt es die anderen Momente. Momente, in denen die MS nicht im Vordergrund steht. In denen ein Lachen über einen dummen Witz zeigt, dass nicht alles verloren ist. Oder ein Tag, an dem die Symptome weniger stark sind, an dem sich ein Stück Normalität einstellt.
Die Welt wird wieder größer, wenn der Blick auf das gerichtet wird, was noch geht – nicht auf das, was verloren gegangen ist. Manchmal sind es kleine Tricks, die helfen, mit Einschränkungen umzugehen. Manchmal ist es die Erkenntnis, dass auch mit MS neue Wege entstehen können.
Die Herausforderung, mit anderen darüber zu sprechen
Nicht jeder versteht, was es bedeutet, mit MS zu leben. Das ist vielleicht eine der größten Hürden. Menschen sehen oft nur das, was offensichtlich ist. Wenn man einen Rollstuhl benutzt oder eine Gehhilfe braucht, dann verstehen sie, dass etwas nicht stimmt. Aber was ist mit den Tagen, an denen die Symptome innerlich toben, während äußerlich alles „normal“ aussieht?
Das Erklären kostet Kraft. Und manchmal gibt es einfach keine Energie mehr dafür. Es ist schwer, immer wieder zu sagen: „Nein, ich bin nicht nur müde, ich bin erschöpft in einer Art, die du dir nicht vorstellen kannst.“ Oder: „Nein, es geht nicht einfach mit mehr Bewegung weg.“ Oder: „Ja, gestern konnte ich es noch, aber heute geht es nicht mehr.“
Manchmal bleibt dann nur das Schweigen. Das Zurückziehen. Das Gefühl, dass es leichter ist, sich nicht zu erklären, als ständig auf Unverständnis zu stoßen. Doch genau das verstärkt die Einsamkeit.
Die Kraft der Verbindung
Eines ist klar: Niemand sollte diesen Weg allein gehen müssen. Andere, die das Gleiche erleben, verstehen es ohne lange Erklärungen. Die Gespräche mit Menschen, die nicht mit leeren Phrasen trösten, sondern wissen, wie es sich anfühlt, machen einen Unterschied.
Es gibt keine einfache Lösung, keine schnelle Antwort darauf, wie man mit den Höhen und Tiefen umgehen kann. Aber es gibt die Möglichkeit, den Weg gemeinsam mit anderen zu gehen, statt sich in der Einsamkeit zu verlieren.
Ein paar Worte zu Selma Blair
Leben mit MS unter öffentlichem Blick
Selma Blair ist vielen als Schauspielerin bekannt – aber seit ihrer Diagnose mit Multipler Sklerose im Jahr 2018 steht sie für viele Betroffene in den USA auch als jemand, der offen über das Leben mit dieser Krankheit spricht. Sie hat nie versucht, sich als unerschütterliche Kämpferin darzustellen, sondern zeigt stattdessen die Realität einer chronischen Erkrankung: die Höhen und Tiefen, die Unsicherheiten, die Momente der Hoffnung, aber auch die Zeiten, in denen alles zu viel wird.
MS ist nicht planbar, und genau das spiegelt sich in Blairs Erfahrungen wider. In Interviews beschreibt sie, wie es für sie war, plötzlich mit einer Krankheit zu leben, die ihren Körper unkontrollierbar machte. Sie hat über die Schmerzen gesprochen, über die Erschöpfung, über die Angst, nicht mehr in der Lage zu sein, das zu tun, was sie liebt. Aber auch über die Erleichterung, nach Jahren der unerklärlichen Symptome endlich eine Diagnose zu haben.
Öffentlichkeit und Krankheit – ein schwieriger Balanceakt
Nicht jeder muss mit MS in der Öffentlichkeit stehen, aber Selma Blair tut es. Sie teilt ihre Erfahrungen auf eine Art, die nicht nur Stärke zeigt, sondern auch die Verletzlichkeit, die mit einer chronischen Krankheit kommt. Sie hat sich Filmpremieren mit einem Gehstock gestellt, sich von Kameraaufnahmen nicht zurückgezogen, die sie in Momenten zeigen, in denen das Sprechen oder Bewegen schwerfällt.
Doch genau das ist es, was viele Betroffene an ihr schätzen: Sie macht keine Heldenreise daraus. Sie stellt sich nicht hin und sagt, dass alles mit genug Willenskraft zu schaffen sei. Sie sagt: Es ist schwer. Manchmal fühlt es sich an, als würde die Krankheit das Leben übernehmen. Und manchmal gibt es wieder Momente, in denen es besser geht.
Ein Leben im ständigen Wandel
Für Blair hat sich durch die MS vieles verändert – so wie es für viele Betroffene der Fall ist. Sie musste ihre Karriere anpassen, lernen, mit einem Körper zu leben, der unberechenbar ist. Inzwischen hat sie eine Stammzelltherapie durchlaufen, die ihr geholfen hat, einige Symptome in den Griff zu bekommen. Doch MS ist keine Krankheit, die einfach verschwindet. Sie bleibt ein Teil ihres Lebens, so wie sie für viele andere ein ständiger Begleiter bleibt.
Ihr Zitat – „Kann das gar nicht oft genug betonen, denn manchmal kann die Welt bei einer chronischen Krankheit sehr isolierend sein, und wie jeder weiß, gibt es Höhen und Tiefen.“ – trifft genau das, was viele empfinden. Denn MS bedeutet oft, dass die Welt plötzlich kleiner wird. Dass Pläne nicht mehr so gemacht werden können wie früher. Dass man sich immer wieder erklären muss – oder sich irgendwann zurückzieht, weil das Erklären zu anstrengend wird.
Jeder geht seinen eigenen Weg mit MS
Selma Blair ist eine von Millionen Menschen mit MS. Ihre Geschichte ist nicht universell, aber sie zeigt, dass es viele Wege gibt, mit dieser Krankheit zu leben. Manche kämpfen laut, andere leise. Manche suchen nach neuen Behandlungsmethoden, andere versuchen, mit dem zu leben, was ist.
Es gibt keine perfekte Strategie für das Leben mit MS. Es gibt nur den eigenen Weg – mit Höhen, mit Tiefen, mit Anpassungen, mit neuen Möglichkeiten. Selma Blairs Geschichte erinnert daran, dass diese Krankheit vieles verändert, aber nicht alles nimmt. Und dass man nicht allein ist, selbst wenn es sich manchmal so anfühlt.
Vita
Selma Blair wurde am 23. Juni 1972 in Southfield, Michigan, geboren und ist eine US-amerikanische Schauspielerin, die vor allem durch ihre Rollen in den späten 1990ern und frühen 2000ern bekannt wurde. Sie spielte in einer Vielzahl von Filmen und Serien mit, von Teenie-Komödien bis hin zu düsteren Dramen, und etablierte sich als vielseitige Darstellerin in Hollywood.
Ihre bekanntesten Filme und Serien
Blairs Durchbruch gelang ihr 1999 mit „Eiskalte Engel“ (Cruel Intentions), einem modernen Drama basierend auf dem französischen Roman „Gefährliche Liebschaften“. Ihre Rolle als unschuldige Cecile Caldwell brachte ihr große Aufmerksamkeit und etablierte sie als gefragte Schauspielerin.
Es folgten weitere bekannte Filme, darunter:
- „Super süß und super sexy“ (Legally Blonde, 2001) – Hier spielte sie die kühle Vivian Kensington, die zunächst als Rivalin der Hauptfigur (Reese Witherspoon) auftritt, bevor sich ihre Beziehung wandelt.
- „Hellboy“ (2004) und „Hellboy II: Die goldene Armee“ (2008) – In Guillermo del Toros Comic-Verfilmung übernahm sie die Rolle von Liz Sherman, einer Frau mit pyrokinetischen Fähigkeiten und der großen Liebe der Titelfigur.
- „The Sweetest Thing“ (Super süß und super sexy, 2002) – Eine romantische Komödie mit Cameron Diaz und Christina Applegate, in der Blair eine der drei Hauptfiguren spielte.
- „Kath & Kim“ (2008–2009) – Eine Sitcom, in der sie die Hauptrolle neben Molly Shannon übernahm.
Auch nach ihrer MS-Diagnose blieb sie der Filmbranche treu und trat in Serien wie „Another Life“ (2019) auf, während sie sich gleichzeitig auf ihre Gesundheit konzentrierte.
Öffentliches Leben und MS-Diagnose
2018 machte Selma Blair ihre Diagnose öffentlich und sprach offen über ihren Weg mit Multipler Sklerose. Sie teilte in Interviews, auf Social Media und in ihrer Autobiografie „Mean Baby: A Memoir of Growing Up“ (2022) ihre Erfahrungen – nicht nur mit der Krankheit, sondern auch mit den Höhen und Tiefen ihres Lebens und ihrer Karriere.
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Warum habe ich mit Multiple Sklerose so oft Tage mit wenig Energie?
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