Ublituximab, das unter dem Handelsnamen Briumvi vertrieben wird, ist ein monoklonaler Antikörper, der gezielt auf CD20-positive B-Zellen abzielt und deren Anzahl im Körper reduziert. Durch diese Immunmodulation kann das Medikament die Krankheitsaktivität bei schubförmig remittierender Multipler Sklerose (RMS) deutlich verringern. Wie bei jeder wirksamen Immuntherapie kann die Behandlung jedoch mit bestimmten Nebenwirkungen verbunden sein, die sich individuell unterschiedlich ausprägen.
Infusionsbedingte Nebenwirkungen
Da Ublituximab als Infusion verabreicht wird, können bereits während oder kurz nach der Verabreichung Nebenwirkungen auftreten. Diese Reaktionen werden als infusionsbedingte Nebenwirkungen bezeichnet und sind bei Medikamenten dieser Art nicht ungewöhnlich. Während der ersten Infusion ist das Risiko für solche Reaktionen am höchsten, da sich der Körper erstmals an den Wirkstoff anpassen muss.
Häufig berichten Patienten über Symptome wie Fieber, Schüttelfrost, Kopfschmerzen, Übelkeit, Hautrötungen oder Juckreiz. Diese treten meist innerhalb der ersten Stunden nach Beginn der Infusion auf. In den meisten Fällen sind die Beschwerden mild bis moderat und klingen innerhalb weniger Stunden oder Tage von selbst ab. Um das Risiko dieser Reaktionen zu minimieren, erhalten Patienten vor der Infusion häufig eine präventive Medikation, die Antihistaminika, Fiebersenker oder Kortikosteroide enthalten kann. Zudem wird die erste Infusion langsam verabreicht, um mögliche Unverträglichkeiten frühzeitig zu erkennen.
In seltenen Fällen kann es zu schwereren Reaktionen kommen, die sich durch starken Blutdruckabfall, Atemnot oder Herzrasen äußern. Da die Infusion in einer medizinischen Einrichtung unter Aufsicht erfolgt, können solche Reaktionen sofort behandelt werden. Nach der ersten Infusion nimmt das Risiko für infusionsbedingte Nebenwirkungen deutlich ab, sodass die nachfolgenden Behandlungen in der Regel gut vertragen werden.
Auswirkungen auf das Immunsystem und Infektionsrisiko
Da Ublituximab gezielt B-Zellen zerstört, die eine wichtige Rolle in der Immunabwehr spielen, kann die Behandlung das Risiko für Infektionen erhöhen. Die meisten Patienten bleiben zwar weitgehend gesund, dennoch ist eine gewisse Schwächung des Immunsystems nicht auszuschließen. Besonders Atemwegsinfekte wie Bronchitis, Nasennebenhöhlenentzündungen oder grippeähnliche Erkrankungen treten unter der Therapie häufiger auf.
In seltenen Fällen kann es zu schwereren Infektionen kommen, insbesondere wenn das Immunsystem bereits vor der Behandlung geschwächt war. Besonders Menschen mit einer Vorgeschichte schwerer Infektionen oder chronischen Erkrankungen sollten dies bei der Wahl der Therapie berücksichtigen. Um das Infektionsrisiko zu minimieren, wird empfohlen, vor Beginn der Therapie den Impfstatus zu überprüfen und notwendige Schutzimpfungen, insbesondere gegen Grippe, Pneumokokken oder COVID-19, rechtzeitig durchzuführen.
Langzeitdaten deuten darauf hin, dass die Infektanfälligkeit unter Ublituximab nicht drastisch erhöht ist, insbesondere im Vergleich zu anderen B-Zell-depletierenden Therapien wie Ocrelizumab oder Rituximab. Dennoch sollten Patienten sich der Möglichkeit bewusst sein, dass ihr Körper möglicherweise langsamer auf Infektionen reagiert und einige Krankheiten schwerer verlaufen können.
Mögliche Auswirkungen auf das Nervensystem
Obwohl Ublituximab speziell für die Behandlung von Multipler Sklerose entwickelt wurde, können in seltenen Fällen Nebenwirkungen auftreten, die das Nervensystem betreffen. Dazu gehören Symptome wie Kopfschmerzen, Schwindel oder Müdigkeit, die nach der Infusion auftreten können. Diese Beschwerden sind meist vorübergehend und klingen innerhalb weniger Tage von selbst ab.
Sehr selten gibt es Berichte über schwerere neurologische Nebenwirkungen wie Krampfanfälle oder Sehstörungen, wobei bisher kein direkter Zusammenhang mit der Behandlung nachgewiesen wurde. Da Multiple Sklerose selbst das Nervensystem angreift, kann es in Einzelfällen schwierig sein, zwischen krankheitsbedingten Symptomen und Nebenwirkungen des Medikaments zu unterscheiden.
Langfristige Risiken und Überwachung
Da Ublituximab erst seit Mai 2023 in der Europäischen Union zugelassen ist, gibt es noch keine jahrzehntelangen Langzeitstudien zur Sicherheit der Therapie. Bisherige Untersuchungen legen jedoch nahe, dass das Medikament keine schweren Langzeitfolgen verursacht. Dennoch wird empfohlen, Patienten regelmäßig zu überwachen, um mögliche seltene Nebenwirkungen frühzeitig zu erkennen.
Ein wichtiger Punkt in der Langzeitüberwachung ist die Frage nach einem möglichen erhöhten Krebsrisiko. Da B-Zellen eine Rolle in der Immunüberwachung von Krebszellen spielen, gibt es theoretische Überlegungen, dass eine langfristige Depletion dieser Zellen das Risiko für bestimmte Krebserkrankungen leicht erhöhen könnte. Bisher gibt es jedoch keine eindeutigen Hinweise darauf, dass Ublituximab das Krebsrisiko signifikant steigert, und die verfügbaren Daten zeigen keine signifikanten Unterschiede im Vergleich zu anderen MS-Medikamenten. Trotzdem bleibt dieses Thema ein wichtiger Forschungsbereich, der in den kommenden Jahren weiter untersucht wird.
Einfluss auf Schwangerschaft und Fruchtbarkeit
Die Wirkung von Ublituximab auf Schwangerschaft und Fruchtbarkeit ist bislang nicht vollständig erforscht. Da das Medikament das Immunsystem beeinflusst, wird Frauen im gebärfähigen Alter empfohlen, während der Therapie und für mindestens sechs Monate nach der letzten Infusion eine zuverlässige Verhütungsmethode zu verwenden.
Sollte eine Schwangerschaft geplant sein, wird häufig empfohlen, die Therapie in Absprache mit dem behandelnden Arzt vorübergehend zu unterbrechen, um mögliche Risiken für das ungeborene Kind zu minimieren. Da Antikörper über die Plazenta auf das Baby übergehen können, besteht die Möglichkeit, dass das Immunsystem des Kindes in den ersten Monaten nach der Geburt vorübergehend beeinflusst ist.
Stillende Mütter sollten ebenfalls Vorsicht walten lassen, da nicht ausgeschlossen werden kann, dass Ublituximab in die Muttermilch übergeht. Bis mehr gesicherte Daten vorliegen, wird empfohlen, das Stillen während der Behandlung und für einige Monate danach zu vermeiden.
Fazit
Ublituximab ist eine hochwirksame Therapie für Menschen mit schubförmig remittierender Multipler Sklerose, die die Krankheitsaktivität signifikant reduzieren kann. Wie bei jeder Immuntherapie gibt es jedoch mögliche Nebenwirkungen, die individuell unterschiedlich ausfallen können.
Die häufigsten Nebenwirkungen treten während oder nach der Infusion auf und äußern sich meist in milden bis moderaten Reaktionen wie Fieber, Schüttelfrost oder Kopfschmerzen. Langfristig ist das Medikament mit einer gewissen erhöhten Infektanfälligkeit verbunden, wobei das Risiko schwerer Infektionen bisher als gering eingestuft wird.
Obwohl die bisherige Datenlage darauf hinweist, dass Ublituximab keine gravierenden Langzeitrisiken birgt, bleibt die langfristige Sicherheit ein wichtiger Forschungsbereich. Regelmäßige ärztliche Kontrollen sind essenziell, um mögliche Risiken frühzeitig zu erkennen und gegebenenfalls zu reagieren.
Die Entscheidung für eine Behandlung mit Ublituximab sollte immer in enger Absprache mit dem behandelnden Neurologen getroffen werden, unter Berücksichtigung des individuellen Krankheitsverlaufs und möglicher Begleiterkrankungen.
Quellen
- Hauser, S. L., et al. (2022). "Efficacy and Safety of Ublituximab in Relapsing Multiple Sclerosis." The New England Journal of Medicine. https://www.nejm.org/doi/full/10.1056/NEJMoa2201904
- Steinman, L., et al. (2024). "Long-term Effects of Ublituximab in Multiple Sclerosis Therapy." Frontiers in Neurology. https://www.frontiersin.org/journals/neurology/articles/10.3389/fneur.2024.1473284/full
- TG Therapeutics Inc. (2023). "New Data on Ublituximab Demonstrates 92% of Patients Free from Disability Progression." TG Therapeutics Press Release. https://ir.tgtherapeutics.com/news-releases/news-release-details/new-data-briumvir-ublituximab-xiiy-demonstrate-92-patients