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Warum können dissoziative Symptome anhalten?

Dissoziative Symptome sind eine bekannte Nebenwirkung von Esketamin und treten bei vielen Patienten während der Behandlung auf. In der Regel klingen sie innerhalb weniger Stunden nach der Verabreichung ab. Manche Menschen erleben jedoch eine anhaltende Dissoziation, insbesondere wenn sie bereits vor der Esketamin-Behandlung unter dissoziativen Zuständen litten.

Die Ursachen für anhaltende Dissoziation können vielfältig sein. Esketamin verstärkt möglicherweise ein bereits bestehendes Muster im Gehirn, insbesondere wenn die Dissoziation zuvor als Schutzmechanismus gegen emotionale Belastungen oder Traumata diente. Es kann auch sein, dass das Medikament eine tiefere neurologische Reaktion hervorruft, die bei einigen Patienten länger anhält.

Erste Maßnahmen bei anhaltender Dissoziation

Wenn die Dissoziation nicht innerhalb der üblichen Zeitspanne abklingt, ist es wichtig, ruhig zu bleiben und sich bewusst zu machen, dass dieser Zustand vorübergehend ist. Oft hilft es, sich aktiv mit der Umgebung zu verbinden und den Körper bewusst wahrzunehmen.

Körperliche Reize und Erdungstechniken können helfen:

  • Sich bewegen: Leichte körperliche Aktivität, wie Spazierengehen oder sanftes Dehnen, kann helfen, das Körperbewusstsein wiederherzustellen.
  • Temperaturreize setzen: Hände in kaltes Wasser tauchen oder eine kühle Kompresse auf den Nacken legen kann die Sinne anregen und dabei helfen, sich wieder mit dem Körper zu verbinden.
  • Auf harte Oberflächen setzen oder stehen: Der Kontakt mit dem Boden oder einem Stuhl kann helfen, das Gefühl der Entkopplung zu verringern.

Achtsamkeit und sensorische Reize nutzen:

  • Gerüche aktiv wahrnehmen: Ätherische Öle oder intensive Gerüche wie Kaffee, Zitrone oder Minze können helfen, sich stärker mit der Realität zu verbinden.
  • Mit den Händen bewusst fühlen: Etwas Raues oder Weiches berühren, um die Sinneswahrnehmung zu aktivieren.
  • Laut und bewusst sprechen: Den eigenen Namen laut aussprechen oder einen einfachen Satz wiederholen, um sich an die eigene Identität zu erinnern.

Medizinische und therapeutische Unterstützung

Wenn die Dissoziation über mehrere Stunden oder Tage anhält, sollte ärztlicher oder psychotherapeutischer Rat eingeholt werden. Es kann hilfreich sein, mit dem behandelnden Arzt über die Symptome zu sprechen, insbesondere wenn diese die Lebensqualität stark beeinträchtigen.

Ein Therapeut kann gezielt dabei helfen, die Dissoziation zu regulieren. Traumatherapeuten oder Fachleute für dissoziative Störungen haben Erfahrung mit Methoden zur Reintegration der Wahrnehmung. In manchen Fällen kann auch eine Anpassung der Esketamin-Dosierung oder eine begleitende Medikation erforderlich sein.

Falls die Dissoziation mit starken Ängsten oder Panikgefühlen einhergeht, können beruhigende Medikamente oder niedrig dosierte Antipsychotika in Erwägung gezogen werden. Diese sollten jedoch nur in Absprache mit einem Arzt verwendet werden.

Was passiert bei der Krisenintervention?

Wenn die dissoziativen Symptome so stark sind, dass die betroffene Person sich völlig von der Realität losgelöst fühlt, in Panik gerät oder nicht mehr in der Lage ist, normal zu funktionieren, kann eine Krisenintervention notwendig sein. Dies ist besonders dann der Fall, wenn die Dissoziation mit schweren Angstzuständen, Identitätsverwirrung oder suizidalen Gedanken einhergeht.

Erste Schritte bei einer akuten Krise

Sobald eine betroffene Person oder ihr Umfeld merkt, dass die Dissoziation außer Kontrolle gerät und sich nicht durch einfache Erdungstechniken oder Beruhigungsmaßnahmen stabilisieren lässt, sollte sofort professionelle Hilfe hinzugezogen werden. In einer medizinischen Einrichtung oder psychiatrischen Notfallambulanz gibt es geschulte Fachkräfte, die gezielt helfen können, die Symptome zu reduzieren und Sicherheit zu gewährleisten.

Zunächst erfolgt eine gründliche Einschätzung der Situation. Ärzte oder Psychologen versuchen herauszufinden, wie stark die Dissoziation ist, ob sie mit Angst oder psychotischen Symptomen einhergeht und ob eine akute Gefahr besteht. Dabei werden Fragen gestellt wie:

  • Kann die Person noch klare Antworten geben oder ist sie völlig abwesend?
  • Hat die Person das Gefühl, sich selbst oder ihre Umgebung nicht mehr zu erkennen?
  • Bestehen Selbstverletzungs- oder Suizidgedanken?
  • Gab es in der Vergangenheit ähnliche Episoden oder eine bekannte dissoziative Störung?

Je nach Schwere der Symptome wird entschieden, welche Maßnahmen erforderlich sind.

Medikamentöse Unterstützung bei schwerer Dissoziation

Falls die betroffene Person extreme Angstzustände oder Panikattacken erlebt, können kurzfristig beruhigende Medikamente verabreicht werden. Dazu gehören:

  • Benzodiazepine (z. B. Lorazepam, Diazepam), um die akute Angst zu reduzieren. Diese Medikamente sollten jedoch nur in Ausnahmefällen und nicht langfristig genutzt werden, da sie ein Abhängigkeitspotenzial haben.
  • Niedrig dosierte Antipsychotika (z. B. Quetiapin oder Olanzapin), die helfen können, den Zustand der Entfremdung zu stabilisieren, falls die Dissoziation besonders intensiv ist.
  • Betablocker oder blutdrucksenkende Medikamente, wenn die Dissoziation mit einer extremen Stressreaktion des Körpers einhergeht, um körperliche Symptome wie Herzrasen oder Zittern zu lindern.

Psychotherapeutische und körperliche Stabilisierung

Neben medikamentösen Maßnahmen spielen psychotherapeutische Interventionen eine wichtige Rolle. Therapeuten oder psychiatrische Fachkräfte setzen gezielt Erdungstechniken ein, um die betroffene Person langsam wieder in die Realität zurückzuholen. Dazu gehören:

  • Körperliche Stimulation, wie das Halten von kalten oder warmen Gegenständen, um den Tastsinn zu aktivieren.
  • Atemtechniken, um den Körper zu beruhigen und aus der Panik herauszukommen.
  • Sprachliche Begleitung, indem die Person aufgefordert wird, sich selbst bewusst zu machen, wo sie ist und wer sie ist, um die Orientierung zu stärken.
  • Bewegung, da Gehen oder gezielte Bewegungen helfen können, das Körpergefühl zurückzubekommen.

Nachsorge und langfristige Strategien

Nach einer Krisenintervention ist es entscheidend, dass die betroffene Person eine langfristige Strategie entwickelt, um zukünftige Episoden besser bewältigen zu können. Dazu gehört:

  • Die Zusammenarbeit mit einem Therapeuten, um die Ursachen der Dissoziation zu verstehen und zu behandeln.
  • Das Erlernen von Selbsthilfe- und Erdungstechniken, die frühzeitig angewendet werden können, bevor die Dissoziation eskaliert.
  • Die Überprüfung der Esketamin-Dosierung und eventuelle Anpassungen in der Behandlung, falls das Medikament zu starke dissoziative Nebenwirkungen hervorruft.

Fazit: Sicherheit durch schnelle Hilfe

Eine Krisenintervention bei schwerer Dissoziation ist darauf ausgerichtet, die betroffene Person schnellstmöglich zu stabilisieren und ihr die Kontrolle über ihr Bewusstsein zurückzugeben. Dabei stehen medizinische und therapeutische Maßnahmen zur Verfügung, die je nach Schweregrad individuell angepasst werden.

Auch wenn anhaltende oder schwere Dissoziation beängstigend sein kann, gibt es viele wirksame Methoden, um diesen Zustand zu lindern und ihn langfristig in den Griff zu bekommen. Wichtig ist, frühzeitig Hilfe zu suchen und gemeinsam mit Fachkräften einen Weg zu finden, um den Umgang mit der Dissoziation sicher und effektiv zu gestalten.

Quelle

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  • (2023). Pharmacotherapy: Ketamine and Esketamine. Psychiatric Clinics of North America, 46(2), 277–290. doi:10.1016/j.psc.2023.02.003. Verfügbar unter: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/37149345/

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