Die Diagnose Gallensteine löst oft die Frage aus, ob eine Operation wirklich notwendig ist – oder ob es auch sanftere Wege gibt, um die Steine loszuwerden. Tatsächlich existiert eine medikamentöse Therapie, mit der sich bestimmte Gallensteine auflösen lassen. Doch diese Behandlung ist nur unter ganz bestimmten Voraussetzungen wirksam. Dieser Artikel erklärt verständlich, wie die Therapie funktioniert, bei welchen Steinarten sie helfen kann – und wann andere Maßnahmen notwendig sind.
Ursodesoxycholsäure – der wichtigste Wirkstoff
Im Mittelpunkt der medikamentösen Therapie steht die Ursodesoxycholsäure, kurz UDCA. Dabei handelt es sich um eine Gallensäure, die dem Körper auch natürlich zur Verfügung steht. Als Medikament eingenommen, kann sie die Zusammensetzung der Gallenflüssigkeit positiv beeinflussen. Der Cholesteringehalt in der Galle wird gesenkt, und es entsteht eine flüssigere, weniger steinbildende Galle. In vielen Fällen führt das dazu, dass sich kleine Cholesterinsteine nach und nach auflösen.
Der Wirkmechanismus ist vergleichsweise sanft: Es handelt sich nicht um eine „Zertrümmerung“, sondern um ein allmähliches Verflüssigen und Auflösen der Steine. Genau das macht diese Methode für gut ausgewählte Patientengruppen zu einer attraktiven Alternative zur Operation.
Wichtige Voraussetzungen für eine erfolgreiche Behandlung
Ob eine medikamentöse Auflösung der Gallensteine infrage kommt, hängt von mehreren Bedingungen ab. Zunächst einmal muss es sich um sogenannte Cholesterinsteine handeln. Diese bestehen nahezu vollständig aus Cholesterin und sind meist hellgelb oder weißlich. Pigment- oder Mischsteine sprechen nicht auf den Wirkstoff an.
Darüber hinaus sollte die Gallenblase noch funktionstüchtig sein. Das bedeutet: keine chronische Entzündung, keine starken Bewegungseinschränkungen und keine akuten Beschwerden. Auch die Größe der Steine spielt eine entscheidende Rolle. Ideal sind kleine, nicht verkalkte Steine mit einem Durchmesser von unter fünf Millimetern. Sind die Steine größer oder bestehen sie bereits aus festeren Strukturen, kann die Therapie nicht greifen.
Ein langer Weg – mit begrenztem Erfolg
Wer sich für eine Behandlung mit Ursodesoxycholsäure entscheidet, braucht vor allem Geduld. Die Wirkung setzt nur langsam ein. Es kann mehrere Monate bis sogar Jahre dauern, bis sich die Steine tatsächlich aufgelöst haben – sofern überhaupt eine vollständige Auflösung gelingt. In vielen Fällen verbessert sich die Situation zwar, aber kleine Steinreste bleiben bestehen oder bilden sich nach dem Absetzen der Therapie erneut.
Deshalb ist eine regelmäßige Kontrolle durch Ultraschalluntersuchungen wichtig. Nur so lässt sich überprüfen, ob die Behandlung anschlägt oder ob doch eine andere Maßnahme notwendig wird.
Kein Einsatz bei Schmerzen oder Komplikationen
Bei akuten Beschwerden ist eine medikamentöse Therapie nicht mehr möglich. Wer bereits unter Gallenkoliken, einer Gallenblasenentzündung oder einer Verengung der Gallengänge leidet, benötigt meist eine operative Entfernung der Gallenblase – in der Regel minimalinvasiv durch eine sogenannte Schlüssellochoperation.
In solchen Fällen geht es vor allem darum, Komplikationen zu vermeiden. Eine verzögerte oder unzureichende Behandlung kann zu schweren Entzündungen oder sogar zu einer gefährlichen Bauchspeicheldrüsenentzündung führen. Hier hat die Sicherheit und rasche Linderung der Beschwerden Vorrang vor sanfteren Methoden.
Keine Wirkung bei Pigment- oder Mischsteinen
Ein wesentlicher Nachteil der medikamentösen Therapie ist ihre eingeschränkte Anwendbarkeit. Schwarze Pigmentsteine, wie sie etwa bei chronischen Lebererkrankungen entstehen, bestehen aus anderen Materialien als Cholesterin. Sie lassen sich nicht durch Ursodesoxycholsäure beeinflussen. Dasselbe gilt für Mischsteine, die zusätzlich Kalzium oder andere Bestandteile enthalten. Hier hilft weder eine Umstellung der Gallenflüssigkeit noch eine längere Einnahme des Medikaments.
Deshalb ist eine präzise Diagnose entscheidend. Erst durch Ultraschall, eventuell auch durch eine ergänzende CT- oder MRT-Untersuchung, lässt sich die Steinart zuverlässig einschätzen. Eine Therapie „auf Verdacht“ ist weder sinnvoll noch erfolgversprechend.
Fazit: Sanfte Alternative – unter klaren Bedingungen
Die Auflösung von Gallensteinen mit Medikamenten kann eine schonende, nicht-invasive Möglichkeit sein – allerdings nur in ausgewählten Fällen. Vor allem bei kleinen, reinen Cholesterinsteinen ohne begleitende Beschwerden lässt sich mit Geduld und regelmäßiger ärztlicher Begleitung ein Erfolg erzielen.
Für viele Betroffene bleibt dennoch die operative Entfernung der Gallenblase die sicherste und nachhaltigste Lösung, vor allem dann, wenn wiederkehrende Beschwerden oder Komplikationen auftreten. Die medikamentöse Therapie ist also kein Allheilmittel, aber in bestimmten Situationen eine hilfreiche Option.