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Lungenkrebs zählt weltweit zu den häufigsten und gefährlichsten Krebserkrankungen. Besonders der nicht-kleinzellige Lungenkrebs (NSCLC) macht den größten Anteil aus. In den letzten Jahren haben Wissenschaftler entdeckt, dass es bestimmte Genveränderungen (Mutationen) gibt, die das Wachstum von Tumoren antreiben. Eine dieser Veränderungen betrifft den EGFR-Rezeptor (Epidermal Growth Factor Receptor).

Patientinnen und Patienten mit einer EGFR-Mutation sind oft jünger, rauchen seltener und sprechen gut auf zielgerichtete Medikamente an. Tagrisso (Wirkstoff: Osimertinib) ist eines dieser Medikamente. Es gehört zu den sogenannten Tyrosinkinase-Inhibitoren (TKI). Sie blockieren Signalwege, die Tumorzellen zum Wachstum und zur Vermehrung benötigen.

Die Einführung von Tagrisso war ein Meilenstein: Plötzlich war es möglich, das Tumorwachstum über viele Monate oder sogar Jahre zu bremsen – oft mit weniger Nebenwirkungen als eine klassische Chemotherapie. Doch die Forschung hört hier nicht auf. Aktuelle Studien zeigen, dass Tagrisso noch mehr leisten kann – in Kombination mit Chemotherapie, mit neuartigen Antikörpertherapien und sogar in früheren Krankheitsstadien.

1. Tagrisso plus Chemotherapie: Ein neuer Maßstab – FLAURA2-Studie

Warum eine Kombination?

Bisher war Tagrisso als alleinige Tablettentherapie Standard in der ersten Behandlungsreihe bei fortgeschrittenem EGFR-mutiertem NSCLC. Aber: Krebszellen sind anpassungsfähig. Manche lernen, den Wirkstoff zu umgehen, und entwickeln Resistenzen. Eine begleitende Chemotherapie könnte verhindern, dass einzelne resistente Zellen überleben – ähnlich wie eine „Doppelstrategie“, die verschiedene Angriffspunkte nutzt.

Studiendesign

In der FLAURA2-Studie (Phase III) wurden weltweit tausende Patientinnen und Patienten behandelt. Zwei Gruppen wurden verglichen:

  • Tagrisso allein (Standardtherapie)
  • Tagrisso kombiniert mit Chemotherapie

Ergebnisse

Die Ergebnisse sind beeindruckend und wurden im September 2025 auf dem Weltkongress für Lungenkrebs (WCLC) in Barcelona vorgestellt:

  • Das Gesamtüberleben (OS), also die durchschnittliche Lebenszeit nach Therapiebeginn, betrug mit Kombination 47,5 Monate – fast vier Jahre.
  • Mit Tagrisso allein lag das Überleben bei 37,6 Monaten.
  • Das Sterberisiko sank damit um 23 % (Hazard Ratio 0,77; p = 0,0202).

Nebenwirkungen

Natürlich bringt die zusätzliche Chemotherapie Belastungen mit sich:

  • Häufig: Müdigkeit, Haarausfall, Übelkeit, Veränderungen im Blutbild.
  • Weniger häufig: Infektionen oder Organtoxizitäten.

Dennoch stuften die Forscher das Sicherheitsprofil als insgesamt akzeptabel ein.

Bedeutung für Patientinnen und Patienten

Noch nie zuvor wurde bei dieser Erkrankung eine so lange Überlebenszeit in einer internationalen Studie gemessen. Die Ergebnisse sprechen dafür, dass Tagrisso plus Chemotherapie künftig der neue Standard in der Erstlinientherapie werden könnte – zumindest für diejenigen, die körperlich eine Chemotherapie verkraften können.

2. Tagrisso plus modernes Antikörper-Wirkstoff-Konjugat (Iza-bren)

Ein neuer Therapieansatz

Neben der klassischen Chemotherapie wird intensiv an innovativen Kombinationsstrategien gearbeitet. Ein Beispiel ist Iza-bren (Izalontamab brengitecan), ein sogenanntes Antikörper-Wirkstoff-Konjugat (ADC).

  • Antikörper: Erkennen bestimmte Strukturen auf Tumorzellen.
  • Chemotherapeutikum: Wird gezielt in die Krebszelle eingeschleust.
  • Ergebnis: Die Krebszellen werden selektiv zerstört, während gesundes Gewebe weitgehend geschont wird.

Studienergebnisse

In einer Phase-II-Studie mit 40 Patienten zeigten sich außergewöhnlich gute Resultate:

  • 100 % sprachen auf die Therapie an.
  • 95 % hatten ein dauerhaft bestätigtes Ansprechen.
  • Nach einem Jahr waren 92 % ohne Fortschreiten der Krankheit und 95 % am Leben.

Nebenwirkungen betrafen überwiegend das Blutbild (z. B. Abfall von weißen Blutkörperchen). Nur 13 % der Teilnehmenden brachen die Therapie ab.

Bedeutung

Diese Ergebnisse sind noch vorläufig, da es sich um eine kleinere Studie handelt. Dennoch sind sie außergewöhnlich und zeigen, dass zielgerichtete Therapien mit Tagrisso und neuen Antikörper-Wirkstoff-Konjugaten die Zukunft sein könnten. Eine Phase-III-Studie läuft bereits, um die Daten in einer größeren Patientengruppe zu bestätigen.

3. Tagrisso nach Chemoradiotherapie: Die LAURA-Studie

Hintergrund

Nicht alle Patientinnen und Patienten haben bereits Metastasen. Manche erhalten eine kombinierte Chemo- und Strahlentherapie (CRT), wenn der Tumor lokal fortgeschritten, aber nicht operierbar ist (Stadium III). Die Frage war: Kann Tagrisso im Anschluss das Risiko für Rückfälle verringern?

Ergebnisse

Die LAURA-Studie (Phase III) brachte klare Antworten:

  • Das progressionsfreie Überleben (PFS) lag bei 39,1 Monaten mit Tagrisso, gegenüber nur 5,6 Monaten mit Placebo.
  • Beim Gesamtüberleben (OS) zeigte sich ebenfalls ein deutlicher Vorteil:
    • Nach vier Jahren lebten noch etwa 70 % der Tagrisso-Patienten,
    • in der Placebo-Gruppe waren es nur 52 %.

Die Daten zur Überlebenszeit sind noch nicht endgültig ausgewertet, zeigen aber bereits eine starke Tendenz zugunsten von Tagrisso.

Bedeutung

Damit könnte Osimertinib künftig auch im Stadium III als Standard-Erhaltungstherapie nach Chemo- und Strahlentherapie etabliert werden – mit der Chance, das Leben deutlich zu verlängern und das Fortschreiten der Krankheit hinauszuzögern.

Gesamtfazit: Was heißt das für Betroffene?

Die neuen Studien belegen eindrucksvoll, dass Tagrisso heute eine zentrale Rolle in der Therapie von EGFR-mutiertem Lungenkrebs spielt.

  • In der fortgeschrittenen/metastasierten Situation bietet die Kombination mit Chemotherapie ein nie dagewesenes Überleben von fast vier Jahren.
  • In Kombination mit innovativen Antikörper-Wirkstoff-Konjugaten eröffnen sich Perspektiven, die noch wirksamer sein könnten und gleichzeitig gezielter wirken.
  • Auch in früheren Stadien (z. B. nach Chemo- und Strahlentherapie im Stadium III) verlängert Tagrisso das Überleben und könnte schon bald zum Standard werden.

Für Patientinnen und Patienten bedeutet das: mehr Lebenszeit, bessere Chancen und neue Hoffnung. Allerdings gilt auch: Jede Therapie bringt Nebenwirkungen mit sich, und die Wahl der passenden Behandlung hängt von vielen Faktoren ab – darunter Alter, Allgemeinzustand, Begleiterkrankungen und persönliche Wünsche.

Ein offenes Gespräch mit den behandelnden Onkologinnen und Onkologen ist deshalb entscheidend, um gemeinsam die bestmögliche Entscheidung zu treffen.

Quellen

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