Herzerkrankungen gehören weltweit zu den häufigsten Todesursachen, und viele Menschen kennen die klassischen Risikofaktoren wie Bluthochdruck, hohe Cholesterinwerte oder Diabetes. Doch es gibt einen weiteren wichtigen Faktor, der weniger bekannt ist: der Lipoprotein (a)-Wert, häufig abgekürzt als Lp(a). Dieser spezielle Blutwert kann entscheidend für das persönliche Risiko einer Herz-Kreislauf-Erkrankung sein. Was genau ist Lipoprotein (a), wie beeinflusst es die Gesundheit, und was können Sie tun, wenn Ihr Wert erhöht ist?
Was ist Lipoprotein (a)?
Lipoprotein (a) ist eine spezielle Form des LDL-Cholesterins. LDL steht für „Low-Density Lipoprotein“, das sogenannte „schlechte“ Cholesterin, das dafür bekannt ist, Ablagerungen in den Blutgefäßen zu fördern. Lp(a) unterscheidet sich jedoch von normalem LDL-Cholesterin durch eine zusätzliche Eiweißkomponente, das sogenannte Apolipoprotein(a). Diese Komponente macht Lp(a) besonders gefährlich, da sie dazu beiträgt, dass das Lipoprotein stärker an den Wänden der Blutgefäße haften bleibt und so Entzündungen und Plaquebildung begünstigt.
Die Höhe des Lp(a)-Werts wird genetisch bestimmt, das bedeutet, dass dieser Wert unabhängig von Ernährung oder Lebensstil ist. Etwa jeder fünfte Mensch hat einen erhöhten Lp(a)-Wert, oft ohne es zu wissen.
Wie wirkt sich ein hoher Lipoprotein (a)-Wert auf die Gesundheit aus?
Ein erhöhter Lipoprotein (a)-Wert stellt einen wesentlichen Risikofaktor für die Entstehung und das Fortschreiten von Herz-Kreislauf-Erkrankungen dar. Besonders gefährlich ist, dass er oft unbemerkt bleibt, da keine äußeren Symptome auf eine Erhöhung hinweisen. Der Zusammenhang zwischen einem hohen Lp(a)-Wert und der Gesundheit der Blutgefäße ist komplex, aber entscheidend: Lp(a) trägt erheblich zur Entwicklung von Atherosklerose bei.
Atherosklerose, umgangssprachlich als „Gefäßverkalkung“ bekannt, ist eine chronische Erkrankung, bei der sich Fett, Cholesterin und andere Substanzen an den Innenwänden der Arterien ablagern. Diese Ablagerungen, auch Plaques genannt, können die Blutgefäße verengen und ihre Elastizität verringern. Dadurch wird der Blutfluss erschwert, und es kommt zu einer schlechteren Versorgung von Organen und Gewebe mit Sauerstoff und Nährstoffen. Besonders problematisch ist, dass die Plaques instabil werden können. Wenn sie reißen, bildet sich an der Stelle ein Blutgerinnsel, das die Arterie vollständig blockieren und zu akuten Ereignissen wie einem Herzinfarkt oder Schlaganfall führen kann.
Der Einfluss von Lp(a) auf die Atherosklerose ist dabei besonders ausgeprägt, da Lp(a) durch sein zusätzliches Apolipoprotein(a) die Blutgerinnung beeinflusst. Diese spezielle Eiweißstruktur ähnelt einem Protein namens Plasminogen, das für den Abbau von Blutgerinnseln zuständig ist. Durch diese Ähnlichkeit kann Lp(a) jedoch den Abbau von Gerinnseln blockieren, was das Risiko für die Bildung gefährlicher Blutgerinnsel weiter erhöht. Dies bedeutet, dass Lp(a) nicht nur die Bildung von Plaques fördert, sondern auch das Risiko für akute Komplikationen durch Gerinnselbildung steigert.
Ein weiteres kritisches Problem ist, dass ein hoher Lp(a)-Wert das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen unabhängig von den klassischen Cholesterinwerten erhöht. Selbst wenn das Gesamtcholesterin oder das LDL-Cholesterin – das allgemein als „schlechtes Cholesterin“ bekannt ist – im normalen Bereich liegt, bleibt das Risiko für schwerwiegende Gefäßerkrankungen erhöht. Dies macht Lp(a) zu einem eigenständigen Risikofaktor, der nicht übersehen werden darf.
Wissenschaftliche Untersuchungen zeigen, dass Menschen mit einem erhöhten Lp(a)-Wert ein zwei- bis vierfach höheres Risiko haben, an Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu erkranken oder zu sterben, als Menschen mit normalen Werten. Dabei sind manche Personengruppen besonders anfällig für die negativen Auswirkungen eines hohen Lp(a)-Werts. Frauen nach der Menopause gehören zu dieser Risikogruppe, vermutlich aufgrund hormoneller Veränderungen, die die Schutzwirkung von Östrogen auf die Gefäße verringern. Auch Menschen mit einer familiären Vorbelastung für Herzinfarkt oder Schlaganfall in jungen Jahren sollten besonders aufmerksam sein, da ein genetisch bedingt hoher Lp(a)-Wert in solchen Fällen oft eine zentrale Rolle spielt.
Zusätzlich gibt es Hinweise darauf, dass ein hoher Lp(a)-Wert nicht nur die großen Blutgefäße betrifft, sondern auch die Herzklappen schädigen kann. Insbesondere die Aortenklappe, die dafür sorgt, dass das Blut vom Herzen in die Hauptschlagader gepumpt wird, kann durch Verkalkung beeinträchtigt werden. Diese sogenannte Aortenklappenstenose führt dazu, dass das Herz mehr Kraft aufwenden muss, um das Blut durch die verengte Klappe zu pumpen. Eine solche Belastung kann langfristig zu einer Herzschwäche führen.
Insgesamt ist ein hoher Lp(a)-Wert ein stiller, aber gefährlicher Risikofaktor, der die Entwicklung und den Verlauf von Herz-Kreislauf-Erkrankungen erheblich beeinflussen kann. Da er sich nicht durch typische Symptome bemerkbar macht, ist eine gezielte Diagnose und Überwachung umso wichtiger, um das Risiko rechtzeitig zu erkennen und zu minimieren.
Beispielswerte für Lipoprotein (a)
Die Höhe des Lipoprotein (a)-Werts wird in der Regel in Milligramm pro Deziliter (mg/dl) oder Nanomol pro Liter (nmol/L) gemessen. Folgende Richtwerte geben einen groben Überblick:
- OK:
- Weniger als 30 mg/dl (oder weniger als 75 nmol/L)
Ein Wert in diesem Bereich gilt als unbedenklich und weist auf ein geringes zusätzliches Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen hin.
- Normal bis leicht erhöht:
- Zwischen 30–50 mg/dl (oder 75–125 nmol/L)
Diese Werte können ein moderates Risiko anzeigen, insbesondere wenn weitere Risikofaktoren wie Bluthochdruck oder hohe LDL-Werte vorliegen.
- Erhöht:
- Mehr als 50 mg/dl (oder mehr als 125 nmol/L)
In diesem Bereich steigt das Risiko für Atherosklerose und damit für Herzinfarkt oder Schlaganfall deutlich an. Eine ärztliche Überwachung ist dringend empfohlen.
- Sehr hoch:
- Über 90 mg/dl (oder mehr als 215 nmol/L)
Dieser Bereich ist mit einem stark erhöhten Risiko für schwerwiegende Herz-Kreislauf-Erkrankungen verbunden. In solchen Fällen sollte unbedingt eine engmaschige Kontrolle und individuelle Risikoreduktion erfolgen.
Hinweis: Die Interpretation der Lp(a)-Werte hängt auch von weiteren Faktoren wie familiärer Vorbelastung und anderen Risikofaktoren ab. Es ist daher wichtig, die Ergebnisse mit einem Arzt zu besprechen, der die individuellen Gegebenheiten berücksichtigt.
Wann sollte der Lp(a)-Wert gemessen werden?
Die Messung des Lipoprotein (a)-Werts erfolgt über eine einfache Blutuntersuchung. Sie wird besonders dann empfohlen, wenn es in Ihrer Familie Fälle von frühzeitigen Herzinfarkten oder Schlaganfällen gibt, da ein hoher Lp(a)-Wert erblich ist. Auch bei Personen, die trotz gesunder Lebensweise oder Behandlung weiterhin Herz-Kreislauf-Probleme haben, kann die Messung des Lp(a)-Werts entscheidend sein.
Leider gehört der Lp(a)-Wert noch nicht zu den Standarduntersuchungen, weshalb Sie Ihren Arzt aktiv darauf ansprechen sollten, wenn Sie ein erhöhtes Risiko vermuten.
Behandlungsmöglichkeiten bei erhöhtem Lipoprotein (a)-Wert
Da der Lp(a)-Wert genetisch festgelegt ist, lässt er sich nicht durch eine Ernährungsumstellung oder Bewegung senken. Dennoch gibt es Maßnahmen, die das Risiko von Herzerkrankungen bei erhöhtem Lp(a)-Wert verringern können. Dazu gehört die Kontrolle anderer Risikofaktoren wie Bluthochdruck, Blutzucker und das klassische LDL-Cholesterin. Statine, die häufig zur Senkung von LDL-Cholesterin eingesetzt werden, wirken leider nur begrenzt auf den Lp(a)-Wert.
In der Forschung werden derzeit neue Medikamente entwickelt, sogenannte „Lp(a)-Inhibitoren“, die speziell darauf abzielen, den Lp(a)-Wert zu senken. Diese sind jedoch noch nicht flächendeckend verfügbar.
Eine herzgesunde Lebensweise bleibt dennoch essenziell. Dazu gehören eine ausgewogene Ernährung, regelmäßige Bewegung, der Verzicht auf Rauchen und eine gute Stressbewältigung. Obwohl diese Maßnahmen den Lp(a)-Wert nicht direkt beeinflussen, können sie die allgemeine Gesundheit der Blutgefäße unterstützen.
Warum ist der Lp(a)-Wert noch so wenig bekannt?
Der Lipoprotein (a)-Wert ist ein relativ neuer Fokus in der Herz-Kreislauf-Forschung. Viele Ärzte und Patienten kennen die Bedeutung dieses Wertes noch nicht, und auch in der Prävention wird er oft übersehen. Experten sind sich jedoch einig, dass der Lp(a)-Wert in den nächsten Jahren eine größere Rolle spielen wird, sowohl in der Diagnostik als auch in der Therapie von Herzerkrankungen.
Fazit: Wissen ist Vorsorge
Wenn Sie Ihre Herzgesundheit ernst nehmen möchten, kann es hilfreich sein, den Lipoprotein (a)-Wert überprüfen zu lassen – besonders, wenn es in Ihrer Familie Fälle von Herzerkrankungen gibt. Zwar gibt es aktuell keine einfache Lösung für einen hohen Lp(a)-W ert, doch das Wissen um diesen Risikofaktor erlaubt es Ihnen, gezielt andere Risikofaktoren zu minimieren und Ihre Gefäßgesundheit zu schützen.
Herzerkrankungen sind komplex, aber mit der richtigen Information und Vorsorge können Sie viel tun, um sich zu schützen. Sprechen Sie mit Ihrem Arzt über den Lp(a)-Wert und machen Sie den ersten Schritt in Richtung einer besseren Herzgesundheit.