Navigations-Button: Hamburger-Menü
Symbol für die Suche

Viele Betroffene erleben Phasen, in denen Beschwerden plötzlich zunehmen: Müdigkeit, Frieren, Antriebslosigkeit, Herzklopfen, innere Unruhe oder Konzentrationsprobleme. Das fühlt sich an wie ein „Schub“. Wenn die Schilddrüse durch Hashimoto jedoch weitgehend zerstört ist – oder operativ entfernt wurde –, handelt es sich nicht mehr um echte Entzündungsschübe der Schilddrüse. In der frühen Krankheitsphase konnten entzündete Gewebeanteile kurzfristig Hormone freisetzen („Hashitoxikose“). Fehlt aktives Gewebe, entfällt dieser Mechanismus. Wellenförmige Beschwerden können trotzdem auftreten – aus anderen, gut behandelbaren Gründen.

Frau, etwa 35 Jahre, vor hellem Hintergrund mit sanftem Verlauf nach rechts in reines Weiß; rechts vorgesehener Bereich für Titeltext zum Thema Hashimoto ohne Schilddrüse.
Hashimoto ohne Schilddrüse – keine echten „Schübe“ mehr, aber wechselnde Beschwerden verstehen und gezielt angehen.

Was heute hinter „schubartigen“ Beschwerden steckt

Nach der Zerstörung des Schilddrüsengewebes übernimmt Levothyroxin (T4) die Versorgung. Dein Befinden hängt dann stark davon ab, wie gut Dosis, Einnahmeroutine und aktueller Körperbedarf zusammenpassen. Schon kleine Abweichungen sind spürbar. Ein Infekt, Wochen mit hohem Stress, weniger Schlaf, Gewichtsveränderungen, Zyklus- und Wechseljahresphasen sowie Schwangerschaft oder Stillzeit verschieben den Bedarf. Ein normaler Lebensrhythmus kann sich dadurch plötzlich wieder „nach Hashimoto“ anfühlen, obwohl keine aktive Entzündung mehr vorliegt.

Ein zweiter häufiger Grund sind Resorptionsprobleme. Levothyroxin ist empfindlich in der Aufnahme: Kaffee direkt nach der Tablette, Frühstück ohne Abstand, Milchprodukte oder Nahrungsergänzungen mit Eisen oder Calcium zur falschen Zeit schwächen die Wirkung. Auch Medikamente wie Säureblocker beeinflussen die Bioverfügbarkeit. Bestehen Magen-Darm-Themen wie atrophische Gastritis, Zöliakie oder eine Helicobacter-Infektion, kann die Aufnahme zusätzlich sinken. Das Ergebnis: Unter derselben Dosis fühlst du dich an manchen Tagen gut, an anderen wie ausgebremst – nur weil Rahmenbedingungen schwanken.

Hinzu kommt die Logik der Laborwerte. TSH und freies T4 reagieren träge. Nach einer Dosisänderung benötigt der Körper sechs bis acht Wochen, bis ein stabiler Zustand erreicht ist. Wer zu früh nachmisst oder fortlaufend nachjustiert, jagt den eigenen Werten hinterher. Eine weitere Laborfalle ist Biotin in Haar- und Nagelpräparaten: Es kann Assays verfälschen. Pausiere es zwei bis drei Tage vor der Blutabnahme. Lasse Blut möglichst zur gleichen Tageszeit und unter identischer Einnahmeroutine abnehmen – nur so sind Werte vergleichbar.

Auch Begleitfaktoren verstärken das Beschwerdebild. Eisenmangel (Ferritin), Vitamin-B12- und Vitamin-D-Defizite verursachen Müdigkeit, Brain-Fog, Frieren und Belastungsintoleranz – unabhängig von der Schilddrüse. Schlafstörungen, Depressionen, Angst und chronische Schmerzen können die Wahrnehmung zusätzlich verschärfen. Hashimoto tritt zudem häufiger zusammen mit anderen Autoimmunerkrankungen auf; das heißt nicht, dass du „alles“ hast, sondern nur, dass bei unklarer Lage ein gezielter Blick sinnvoll ist.

Antikörper sind kein Tacho für dein Befinden

Viele sorgen sich, wenn TPO- oder Tg-Antikörper „hoch“ sind. Diese Werte dürfen schwanken, ohne deine Tagesform zu erklären. Für die Steuerung der Therapie sind sie selten hilfreich. Entscheidend ist, wie du dich unter deiner aktuellen Dosis fühlst – und wo TSH und freies T4 unter stabilen Bedingungen liegen.

So bringst du Ruhe in die Wellen

Der erste Schritt ist eine saubere Einnahmeroutine. Lege eine feste Uhrzeit fest, nimm die Tablette mit Wasser ein und warte 30 bis 60 Minuten bis Kaffee oder Frühstück. Alternativ funktioniert die abendliche Einnahme gut, wenn drei bis vier Stunden seit der letzten Mahlzeit vergangen sind. Achte auf ausreichend Abstand zu Eisen- und Calciumpräparaten. Wenn du trotz disziplinierter Routine stark schwankst, besprich mit deiner Ärztin oder deinem Arzt, ob eine Softgel- oder flüssige Formulierung geeigneter ist.

Der zweite Schritt ist Geduld. Nach jeder Dosisänderung wartest du mindestens sechs bis acht Wochen, erst dann lässt sich seriös bewerten. Einzelmessungen sind weniger aussagekräftig als Trends. Wenn die Laborwerte passen, du dich aber weiterhin schlecht fühlst, lohnt der Blick über den Tellerrand: Ferritin, Vitamin B12 und Vitamin D prüfen, Schlafqualität verbessern, Stress steuerbar machen, Bewegung dosiert wieder aufnehmen. Häufig glättet schon das das Auf und Ab.

Präzision bei der Verlaufskontrolle

Lass Blut möglichst zur gleichen Uhrzeit abnehmen und entscheide dich für eine konsequente Einnahmeroutine – entweder morgens vor der Blutabnahme oder abends am Vortag. Pausiere Biotin-haltige Präparate vor dem Termin. Notiere parallel Einflüsse wie Infekte, Zyklusphasen, Schlaf und Ausreißer bei Kaffee-/Einnahmeabständen. So erkennst du später klarer, warum sich ein Zeitraum schlechter angefühlt hat.

Wenn es trotz „guter“ Werte nicht besser wird

Dann lohnt ein strukturiertes Gespräch in der Endokrinologie. Manchmal ist es die Darreichungsform, manchmal ein bisher unentdecktes Resorptionshindernis. Gelegentlich kann eine Kombination aus T4 mit kleinen T3-Mengen sinnvoll sein – das ist individuell zu prüfen und gehört in erfahrene Hände, weil Wirkung, Nebenwirkungen und Tagesrhythmus sorgfältig ausbalanciert werden müssen. Wichtig ist außerdem, andere Ursachen nicht zu übersehen, etwa Schlafapnoe, Restless-Legs-Syndrom oder depressive Episoden. „Nur Schilddrüse“ ist nicht immer die ganze Antwort.

Fazit

Wenn die Schilddrüse durch Hashimoto weitgehend zerstört ist, gibt es keine echten Entzündungsschübe mehr. Das Auf und Ab der Symptome hat heute andere Ursachen: Dosis-Feinheiten, Rahmenbedingungen der Einnahme, Veränderungen deines Bedarfs, Nährstoffmängel und Lebensumstände. Die gute Nachricht: Genau daran kannst du ansetzen. Mit konsequenter Routine, kluger Laborkontrolle und einem Blick auf Begleitfaktoren gewinnst du in aller Regel wieder stabile, gute Tage – ohne ständig „auf Schübe“ warten zu müssen.

Quellen, Leitinien & Studien
  • Ahmadzadehfar, H.: Schilddrüse, novum publishing GmbH, 2011
    Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie: Hashimoto-Thyreoiditis - Ratgeber, unter: www.endokrinologie.net (Abrufdatum am 10.08.2023)
  • Herold, G. (Hrsg.): Innere Medizin, Eigenverlag/De Gruyter, 2021
    Hoffmann, G.F.: Stoffwechselerkrankungen in der Neurologie, Georg Thieme Verlag, 2004
  • Hufschmidt, A. et al.: Neurologie compact, Georg Thieme Verlag, 2013
    Prinz, C.: Basiswissen Innere Medizin, Springer Verlag, 2012
    Rinninger, F. et al.: Innere Medizin, Georg Thieme Verlag, 2010
  • Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie, Hormone und Stoffwechsel. Online unter www.endokrinologie.net (Abrufdatum am 10.08.2023).
  • Deutsches Schilddrüsenzentrum. Online unter www.deutsches-schilddruesenzentrum.de (Abrufdatum am 10.08.2023).
  • Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften. S2k-Leitlinie: Erhöhter TSH-Wert in der Hausarztpraxis. Stand 06/2016. Online unter https://www.awmf.org (Abrufdatum am 10.08.2023).

Wir erklären Ihnen

 

 

 
×
 
Top