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Das Herz ist ein stiller Taktgeber des Lebens. Es schlägt vom ersten Atemzug an bis zum letzten – ohne Unterbrechung, unermüdlich, etwa 100.000 Mal am Tag. Meist spüren wir es kaum. Doch wenn es plötzlich stolpert, rast oder stockt, gerät nicht nur der Körper aus dem Gleichgewicht, sondern oft auch die Seele. Denn nichts beunruhigt so sehr wie das Gefühl, das eigene Herz tanze außer Kontrolle.

Herzrhythmusstörungen mit farbigem Hintergrundverlauf und Silhouette
Herzrhythmusstörungen

Herzrhythmusstörungen – medizinisch Arrhythmien genannt – sind keine Krankheit im engeren Sinne, sondern ein Sammelbegriff für alle Zustände, bei denen das Herz zu schnell, zu langsam oder unregelmäßig schlägt. Manche sind harmlos und verschwinden von selbst. Andere sind ein ernstes Warnsignal, das sofortiges Handeln erfordert. Zwischen diesen beiden Polen bewegt sich ein großes Spektrum, das viele Betroffene zunächst verunsichert. Dieser Artikel erklärt, was im Herzen geschieht, wenn der Rhythmus verloren geht – und warum moderne Medizin heute so viel erreichen kann.

Eine Übersicht mit allen Artikeln zu den verschiedenen Formen und Behandlungsoptionen von Herzrhythmusstörungen ist über den folgenden Suchlink auf Visite-Medizin.de abrufbar:
Zu allen Artikeln über Herzrhythmusstörungen.

Wie der Herzrhythmus entsteht

Im Innersten unseres Herzens sitzt ein winziger Taktgeber: der Sinusknoten, ein Bündel spezialisierter Zellen im rechten Vorhof. Diese Zellen erzeugen elektrische Impulse, die sich wie Wellen über die Vorhöfe ausbreiten, den AV-Knoten erreichen und von dort zu den Herzkammern weitergeleitet werden. Jede Welle löst eine Kontraktion aus – erst ziehen sich die Vorhöfe zusammen, dann die Kammern. So entsteht der geordnete Rhythmus, der Blut in jede Zelle des Körpers transportiert.

Wird dieser Ablauf gestört – weil Impulse zu früh, zu spät oder gar nicht ankommen –, verliert das Herz seinen Takt. Die Ursachen dafür sind vielfältig: Narben nach einem Herzinfarkt, Entzündungen, Bluthochdruck, Herzmuskelschwäche, angeborene Veränderungen oder die natürliche Alterung des Herzgewebes. Auch psychische Belastung, Hormonschwankungen, Elektrolytstörungen, Schilddrüsenüberfunktion, Alkohol, Nikotin oder bestimmte Medikamente können den Rhythmus beeinflussen. Selbst ein ansonsten gesundes Herz kann durch Stress oder Schlafmangel aus der Bahn geraten.

Wie sich Herzrhythmusstörungen anfühlen

Die Empfindungen sind so unterschiedlich wie die Menschen selbst. Einige spüren nur gelegentlich ein kurzes „Herzstolpern“, andere berichten von einem ständigen Flattern in der Brust, einem harten Schlag im Hals oder plötzlichem Herzrasen. Manche werden blass, schwindlig oder kurzatmig. Und es gibt Menschen, bei denen gefährliche Rhythmusstörungen völlig unbemerkt bleiben – entdeckt werden sie erst bei einer Routineuntersuchung.

Charakteristisch ist die Unsicherheit, die solche Symptome auslösen. Wer das eigene Herz aus dem Takt schlagen spürt, erlebt häufig Angst, Kontrollverlust oder Beklemmung. Das Herz ist schließlich mehr als ein Muskel – es ist Sitz von Emotionen und Symbol für Lebendigkeit. Deshalb ist es verständlich, dass schon kleine Unregelmäßigkeiten große Sorgen bereiten können.

Arten von Herzrhythmusstörungen

Man unterscheidet grundsätzlich zwei Richtungen: zu schnelle (Tachykardien) und zu langsame (Bradykardien) Herzrhythmen. Außerdem spielt es eine Rolle, wo im Herzen die Störung entsteht – in den Vorhöfen oder in den Kammern.

Harmlos, aber spürbar – Extrasystolen und funktionelle Rhythmusstörungen

Die häufigsten Rhythmusstörungen sind harmlose Extraschläge, sogenannte Extrasystolen. Sie treten bei fast jedem Menschen auf, manchmal in Stresssituationen, manchmal ohne erkennbare Ursache. Sie können sich wie ein „Herzstolpern“ oder ein „Aussetzer“ anfühlen, wenn nach einem zusätzlichen Schlag eine kleine Pause folgt. Solche Phänomene sind in der Regel ungefährlich, solange keine organische Herzerkrankung besteht.

Viele Betroffene erleben sie in Phasen innerer Unruhe, nach starkem Kaffeekonsum oder in der Nacht, wenn der Puls langsamer wird und der eigene Herzschlag deutlicher wahrgenommen wird. Oft genügt es, Ruhe zu bewahren, auf Koffein und Alkohol zu verzichten und auf ausreichend Schlaf zu achten. Dennoch sollten anhaltende oder sehr häufige Stolperer ärztlich abgeklärt werden – allein schon, um Gewissheit zu haben.

Vorhofflimmern – der häufigste Taktverlust

Beim Vorhofflimmern geraten die elektrischen Signale in den Vorhöfen völlig durcheinander. Statt sich gleichmäßig zu kontrahieren, „flimmern“ sie mit bis zu 600 Schlägen pro Minute. Der AV-Knoten leitet nur einen Teil dieser Impulse an die Kammern weiter, wodurch der Puls unregelmäßig und meist zu schnell wird.

Die Folge: Das Blut kann in den Vorhöfen stehen bleiben und Gerinnsel bilden. Wenn sich ein solches Gerinnsel löst und ins Gehirn wandert, kann es dort ein Gefäß verstopfen – ein Schlaganfall entsteht. Deshalb gilt Vorhofflimmern als häufigste Ursache von embolischen Schlaganfällen im höheren Lebensalter.

Typische Beschwerden sind Herzklopfen, Luftnot, Schwäche oder Druckgefühl in der Brust. Manche spüren nur, dass sie „nicht mehr so belastbar“ sind. Andere bemerken das Flimmern gar nicht – was besonders gefährlich ist, weil das Schlaganfallrisiko dann unbemerkt bleibt.

Kammerflimmern und ventrikuläre Tachykardien – die lebensgefährlichen Formen

Wenn Rhythmusstörungen aus den Herzkammern kommen, wird es ernst. Beim Kammerflimmern zucken die Muskelzellen unkoordiniert, ohne dass Blut gepumpt wird. Der Kreislauf bricht innerhalb von Sekunden zusammen, der Betroffene verliert das Bewusstsein – es ist ein medizinischer Notfall, der sofortige Wiederbelebung erfordert. Jede Minute ohne Defibrillation senkt die Überlebenschance drastisch.

Auch ventrikuläre Tachykardien – also sehr schnelle, regelmäßige Kammeraktionen – können lebensbedrohlich sein, besonders bei Menschen mit geschädigtem Herzmuskel. Sie sind eine häufige Ursache für den plötzlichen Herztod, der jedes Jahr Tausende Menschen betrifft.

Bradykarde Rhythmusstörungen – wenn das Herz zu langsam schlägt

Zu langsame Herzrhythmen treten auf, wenn der Sinusknoten schwach wird oder die elektrische Leitung zwischen Vorhöfen und Kammern unterbrochen ist. Der Puls sinkt, manchmal auf unter 40 Schläge pro Minute. Typische Symptome sind Schwindel, Müdigkeit, Konzentrationsstörungen oder Ohnmachtsanfälle. Besonders ältere Menschen sind betroffen. In diesen Fällen kann ein Herzschrittmacher den Rhythmus dauerhaft stabilisieren und das Leben deutlich verbessern.

Ursachen und Risikofaktoren

Manche Herzrhythmusstörungen entstehen auf dem Boden klarer organischer Ursachen: Herzinfarkt, Herzinsuffizienz, Bluthochdruck, Klappenfehler oder angeborene Störungen der Reizleitung. Andere haben funktionelle Auslöser – Stress, Angst, hormonelle Veränderungen, Über- oder Unterfunktion der Schilddrüse, Medikamente oder Elektrolytverschiebungen.

Auch die Lebensweise spielt eine Rolle: Bewegungsmangel, Rauchen, Alkoholkonsum, Übergewicht und chronischer Schlafmangel setzen das Herz unter Dauerstress. Umgekehrt kann Ausdauersport – in Maßen – den Herzrhythmus langfristig stabilisieren.

Nicht zu unterschätzen ist die psychische Komponente: Angst vor Herzkrankheiten, beruflicher Druck oder familiäre Belastung können körperliche Stressreaktionen auslösen, die Herzstolpern oder Herzrasen begünstigen. Viele Betroffene geraten dann in einen Kreislauf aus Angst und Wahrnehmung – je stärker sie sich auf den Herzschlag konzentrieren, desto intensiver spüren sie ihn.

Diagnose – dem Takt auf der Spur

Die wichtigste Untersuchung ist das Elektrokardiogramm (EKG). Es zeichnet die elektrischen Signale des Herzens auf und zeigt, ob der Rhythmus regelmäßig, zu schnell oder unregelmäßig ist. Da viele Rhythmusstörungen nur zeitweise auftreten, reicht ein kurzes EKG oft nicht aus.

Ein Langzeit-EKG über 24 oder 48 Stunden – manchmal auch ein Ereignisrekorder über mehrere Wochen – kann helfen, seltene Episoden zu erfassen. Ergänzend kommen Belastungs-EKG, Echokardiografie (Ultraschall) oder Laboruntersuchungen zum Einsatz, um strukturelle oder stoffwechselbedingte Ursachen zu erkennen.

Manchmal zeigt sich erst durch eine elektrophysiologische Untersuchung, wo genau die Störung entsteht. Dabei wird über feine Katheter direkt im Herzen gemessen, wie sich die elektrischen Signale ausbreiten – eine Methode, die zugleich diagnostisch und therapeutisch genutzt werden kann.

Behandlung – Wege zurück in den Rhythmus

Medikamentöse Therapie

Antiarrhythmika sind Medikamente, die elektrische Impulse im Herzmuskel beeinflussen und so Rhythmusstörungen verhindern oder beenden können. Sie werden individuell ausgewählt, da jedes Mittel spezifische Wirkungen und Risiken hat. Betablocker gelten als Standard, um übermäßige Herzfrequenzen zu dämpfen. Bei Vorhofflimmern sind zusätzlich Blutverdünner entscheidend, um Schlaganfälle zu vermeiden. Moderne Präparate wie Apixaban oder Rivaroxaban machen dies heute sicherer und komfortabler als frühere Therapien.

Katheterablation

Eine der größten Erfolgsgeschichten der Kardiologie ist die Katheterablation. Dabei werden über die Leiste feine Sonden ins Herz eingeführt, die den Ursprung der Störung aufspüren. Diese winzigen Herde werden dann gezielt mit Hitze (Radiofrequenz) oder Kälte (Kryoablation) verödet. So lässt sich der normale Rhythmus oft dauerhaft wiederherstellen. Besonders bei Vorhofflimmern und bestimmten supraventrikulären Tachykardien sind die Erfolgsraten sehr hoch.

Schrittmacher und Defibrillatoren

Wenn das Herz zu langsam arbeitet, übernimmt ein Herzschrittmacher die Impulsgebung. Er misst ständig die Herzfrequenz und sendet bei Bedarf elektrische Signale, um den Rhythmus zu stabilisieren. Bei Gefahr schwerer, schneller Rhythmusstörungen können implantierbare Defibrillatoren (ICD) lebensrettend sein. Sie erkennen Kammerflimmern und geben automatisch einen Stromstoß ab, der den normalen Rhythmus wiederherstellt.

Lebensstil und Selbstfürsorge

Herzrhythmusstörungen sind nicht nur ein medizinisches, sondern auch ein Lebens-Thema. Viele Patienten berichten, dass sich ihre Beschwerden bessern, wenn sie bewusster leben – mit regelmäßigem Schlaf, gesunder Ernährung, ausreichend Bewegung und weniger Stress. Entspannungsübungen, Atemtechniken, Meditation oder Yoga können das vegetative Nervensystem beruhigen, das eng mit der Herzaktivität verbunden ist.

Ebenso wichtig ist der Umgang mit Angst. Das Wissen, was im Körper passiert, nimmt vielen Betroffenen die Furcht vor jedem „Stolpern“. Psychologische Unterstützung oder Austausch in Selbsthilfegruppen kann helfen, wieder Vertrauen in den eigenen Körper zu gewinnen.

Leben mit Herzrhythmusstörungen

Mit der richtigen Behandlung können die meisten Menschen ein normales, aktives Leben führen. Entscheidend ist, die individuellen Auslöser zu kennen und sich regelmäßig ärztlich kontrollieren zu lassen. Blutdruck, Blutzucker, Cholesterin und Schilddrüsenwerte sollten regelmäßig überprüft werden, ebenso wie die Wirkung von Medikamenten.

Wer weiß, dass er anfällig ist, sollte körperliche Warnzeichen ernst nehmen, aber nicht in ständiger Alarmbereitschaft leben. Das Herz ist ein lernfähiges Organ – es passt sich an Belastungen an und findet oft seinen eigenen Takt zurück, wenn man ihm die Chance dazu gibt.

Prognose und Ausblick

Dank moderner Diagnostik und Therapie ist die Prognose bei den meisten Herzrhythmusstörungen heute sehr gut. Was früher lebensbedrohlich war, lässt sich häufig dauerhaft kontrollieren oder sogar heilen. Entscheidend ist, frühzeitig hinzusehen – und die Signale des Körpers ernst zu nehmen.

Wenn das Herz stolpert, ist das kein Zeichen von Schwäche, sondern ein Hinweis, dass etwas Aufmerksamkeit braucht. In den meisten Fällen lässt sich der Rhythmus wiederfinden. Und manchmal, wenn Angst und Unruhe sich legen, spürt man: Das Herz schlägt nicht nur regelmäßig, sondern auch dankbarer.

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