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Der diesjährige Kongress der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) fand vom 30. September bis 5. Oktober in Leipzig statt und bot eine bedeutende Plattform für neueste Erkenntnisse in der Behandlung von Erkrankungen des Verdauungssystems. Auch dieses Jahr widmete sich ein Symposium den neuesten Therapieansätzen für Patienten mit Morbus Crohn. Schwerpunkte lagen auf der Einführung eines neuen Ustekinumab-Biosimilars, das die Therapieoptionen erweitert, auf der innovativen Anwendung subkutanen Infliximabs zur Vermeidung von Immunogenität, den Möglichkeiten einer Dosiseskalation für Infliximab bei sekundärem Wirkverlust und der Bedeutung der Dosisanpassung von Adalimumab zur Verbesserung des Langzeitverlaufs. Diese neuen Ansätze bieten Betroffenen eine zunehmend personalisierte und flexible Behandlung, die auf ihre individuellen Bedürfnisse zugeschnitten ist.

Ustekinumab-Biosimilar erweitert Therapieoptionen

Die Einführung eines neuen Ustekinumab-Biosimilars (SteQeyma®) stellt einen wichtigen Fortschritt in der Behandlung von Morbus Crohn dar, insbesondere für Menschen, die an mittelschweren bis schweren Formen dieser chronisch-entzündlichen Darmerkrankung leiden. Ustekinumab (Stelara®), ein sogenannter Anti-Interleukin-12/23-Antikörper, wirkt gezielt gegen Entzündungsprozesse im Körper. Damit greift es auf eine moderne Weise in das Immunsystem ein und bietet eine wirksame Alternative für Betroffene, bei denen herkömmliche Medikamente keine ausreichende Besserung erzielen.

Ein wesentlicher Vorteil von Ustekinumab ist der schnelle Eintritt der Wirkung. Bereits kurz nach Therapiebeginn können Patienten oft eine Linderung der Beschwerden erfahren, was insbesondere für Menschen mit akuten Schüben eine Erleichterung darstellt. Darüber hinaus erlaubt die Verabreichung als subkutane Injektion – eine Spritze, die direkt unter die Haut gesetzt wird – eine einfache Handhabung im Alltag. Patienten können das Medikament in regelmäßigen Abständen selbst anwenden, ohne auf Krankenhausbesuche für Infusionen angewiesen zu sein. Diese Möglichkeit der Selbstanwendung sorgt nicht nur für Flexibilität im Alltag, sondern unterstützt auch den Wunsch vieler Patienten nach Selbstbestimmung im Umgang mit ihrer Erkrankung.

Das neu eingeführte Biosimilar SteQeyma® – ein Nachahmerpräparat, das dem Originalwirkstoff Ustekinumab sehr ähnlich ist und oft kostengünstiger angeboten wird – ist seit November 2024 auf dem Markt und stellt eine kostengünstigere Alternative zum Originalprodukt dar, wobei es vergleichbare Wirksamkeit und Verträglichkeit bietet. Studien haben gezeigt, dass SteQeyma® therapeutisch gleichwertig ist und eine gute Option für Patienten darstellt, die eine effektive und zugleich bezahlbare Therapie suchen. Auch für spezielle Patientengruppen, wie ältere Menschen oder Menschen mit weiteren gesundheitlichen Einschränkungen (Komorbiditäten), wird das Biosimilar als gut verträglich angesehen.

Ein besonders vielversprechender Aspekt des Biosimilars SteQeyma® ist seine vergleichsweise niedrige Immunogenität – das bedeutet, dass es seltener vom Immunsystem als Fremdkörper erkannt wird und daher weniger wahrscheinlich eine Immunantwort mit Antikörperbildung auslöst. Solche Antikörper können die Wirkung eines Medikaments im Körper abschwächen oder aufheben, was gerade bei chronischen Erkrankungen problematisch sein kann, da ein dauerhaftes Ansprechen auf die Therapie notwendig ist. Mit einer geringeren Immunogenität sinkt das Risiko, dass Patienten auf das Medikament "immun" werden und es somit an Wirksamkeit verliert. Dadurch erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, dass das Medikament auch über längere Zeiträume hinweg seine volle Wirkung entfaltet, was die Therapieeffizienz langfristig stabil halten kann.

Insgesamt eröffnet SteQeyma® als kostengünstiges und zugleich hochwirksames Biosimilar neue Möglichkeiten für die langfristige Behandlung von Morbus Crohn. Patienten, die auf eine fortlaufende und stabile Behandlung angewiesen sind, können durch diese neue Option besser versorgt werden, ohne dass Kompromisse bei der Wirksamkeit eingegangen werden müssen.

Subkutanes Infliximab: Eine neue Chance für Betroffene

Infliximab (Remsima® SC), ein sogenannter TNF-alpha-Hemmer, ist ein Medikament, das die entzündungsfördernde Wirkung eines bestimmten Proteins (Tumornekrosefaktor oder TNF-alpha) im Körper blockiert. Es wird schon lange erfolgreich in der Behandlung von chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen eingesetzt. Häufig traten jedoch bei der intravenösen (direkt in die Vene verabreichten) Anwendung nach einiger Zeit Antikörper auf, die die Wirksamkeit reduzierten. In der neuen subkutanen Darreichungsform (direkt unter die Haut gespritzt) konnte dieser Effekt teilweise reduziert werden. Das Biosimilar Remsima® SC ist das erste und einzige Infliximab, das subkutan angewendet werden kann, und hat sich bei vielen Patienten, die zuvor nicht mehr auf intravenöses Infliximab ansprachen, als wirkungsvoll erwiesen.

In einer neu vorgestellten Studie profitierten 35 % der Patienten, die auf intravenöses Infliximab nicht mehr ansprachen, durch die Umstellung auf subkutanes Infliximab von einer klinischen und biochemischen Remission. Das bedeutet, dass sie sowohl eine Besserung ihrer Symptome als auch eine Verringerung der Entzündungszeichen im Blut zeigten. Es zeigt sich hier eine Möglichkeit für Patienten, die vorher keine Linderung ihrer Beschwerden mehr erfuhren.

Eskalationsdosis für subkutanes Infliximab

In der Therapie von Morbus Crohn mit subkutanem Infliximab kann es vorkommen, dass Patienten auf die Standarddosis des Medikaments nicht ausreichend ansprechen. Für diese Fälle gibt es die Möglichkeit einer sogenannten Dosiseskalation. Bei einer Dosiseskalation wird die Medikamentendosis gezielt erhöht, um eine stärkere Wirkung zu erzielen. Dieser Ansatz kann insbesondere für Patienten sinnvoll sein, bei denen die entzündlichen Prozesse trotz der üblichen Dosis weiterhin aktiv sind und die gewünschte Besserung ausbleibt.

Bei der Dosiseskalation wird die Dosierung auf ein höheres Maß angehoben, was dazu beiträgt, stabilere und höhere Wirkstoffspiegel im Körper zu erreichen. In Studien zeigte sich, dass viele Patienten unter dieser angepassten Therapieform eine signifikante Besserung ihrer Symptome und eine Reduktion der Entzündungsaktivität erreichen konnten. Die höhere Wirkstoffkonzentration im Blut sorgt dafür, dass der Körper das Medikament gleichmäßiger und über einen längeren Zeitraum hinweg nutzen kann, was die Entzündungsprozesse wirksam bekämpft und das Risiko eines Wirkverlusts senkt.

Besonders vorteilhaft ist, dass akute Nebenwirkungen bei dieser Dosiseskalation selten auftreten. Dies bedeutet, dass die Therapie nicht nur wirksamer, sondern auch für die meisten Patienten gut verträglich bleibt. Allerdings kann es bei einigen wenigen Patienten zu verzögerten Immunreaktionen kommen, weshalb die Behandlung engmaschig überwacht wird. Diese Reaktionen sind jedoch eher selten und beeinträchtigen den Behandlungserfolg in der Regel nicht.

Die Eskalationsdosis von subkutanem Infliximab eröffnet somit eine wichtige Option für Patienten, die auf die Standarddosis nicht mehr ausreichend ansprechen und dadurch in ihrem Alltag stark eingeschränkt sind. So kann die Dosiseskalation eine langfristige, effektive Lösung darstellen und dazu beitragen, dass Betroffene ihre Lebensqualität verbessern und die Kontrolle über ihre Symptome zurückgewinnen.

Adalimumab: Anpassung der Dosis zur Verbesserung des Therapieerfolgs

Adalimumab (Humira®), ein sogenannter TNF-alpha-Hemmer, ist ein entzündungshemmendes Medikament, das gezielt das Protein Tumornekrosefaktor-alpha (TNF-alpha) im Körper blockiert. Dieses Protein ist an Entzündungsprozessen beteiligt und spielt eine zentrale Rolle bei Autoimmunerkrankungen wie Morbus Crohn. Adalimumab kann die Entzündung effektiv reduzieren und somit zur Linderung der Symptome beitragen. Doch wie bei anderen TNF-alpha-Hemmern kann es im Behandlungsverlauf zu einem sekundären Wirkverlust kommen – das bedeutet, dass die anfänglich starke Wirkung des Medikaments allmählich nachlässt und die Symptome erneut auftreten.

Ein Wirkverlust kann mehrere Ursachen haben. Bei manchen Patienten entwickelt das Immunsystem im Laufe der Zeit Antikörper gegen Adalimumab, wodurch das Medikament weniger wirksam oder sogar unwirksam wird. Auch die Metabolisierung, also die Verarbeitung und der Abbau des Medikaments im Körper, kann individuell stark variieren und zu Schwankungen in der Wirkstoffkonzentration führen.

Für Patienten, die unter einer Standarddosis von Adalimumab keine ausreichende Besserung erleben, bietet sich eine Anpassung der Dosis oder des Einnahmeintervalls an, bevor ein Wechsel auf ein anderes Medikament in Erwägung gezogen wird. Die Dosisanpassung kann auf verschiedene Weise erfolgen: Entweder wird die Dosis erhöht, um einen stärkeren Effekt zu erzielen, oder das Intervall zwischen den Einnahmen wird verkürzt, sodass die Wirkstoffspiegel im Blut stabiler und über längere Zeiträume hinweg höher bleiben.

Ein hilfreiches Instrument zur optimalen Dosisanpassung ist das therapeutische Drug-Monitoring (TDM). Dabei werden regelmäßig die Medikamentenspiegel im Blut sowie das Vorhandensein von Antikörpern gegen Adalimumab überprüft. Diese Werte geben Ärzten wichtige Hinweise darauf, ob die Dosis ausreichend ist und ob das Immunsystem möglicherweise Antikörper gegen das Medikament bildet. Falls niedrige Medikamentenspiegel festgestellt werden, kann eine Erhöhung der Dosis oder eine Verkürzung des Intervalls in Betracht gezogen werden. Umgekehrt kann eine hohe Antikörperkonzentration darauf hindeuten, dass Adalimumab möglicherweise nicht mehr effektiv wirken kann und ein Wechsel auf ein alternatives Medikament notwendig ist.

Ein weiterer Vorteil des TDM liegt in der Möglichkeit, die Dosisanpassungen gezielt auf den Bedarf des einzelnen Patienten abzustimmen. Patienten, die von einer Dosiserhöhung profitieren, können so eine Stabilisierung der Symptome und eine Verbesserung der Lebensqualität erreichen, ohne auf ein neues Medikament umsteigen zu müssen. Sobald eine anhaltende Remission – das heißt eine Phase ohne Symptome – erreicht wird, kann in manchen Fällen auch wieder zu einem längeren Einnahmeintervall oder zur Standarddosis zurückgekehrt werden.

Die Kombination aus Dosisanpassung und regelmäßigem Monitoring der Medikamentenspiegel hilft dabei, den Therapieerfolg langfristig zu sichern. Insgesamt bieten diese neuen Ansätze zur Personalisierung der Therapie vielversprechende Möglichkeiten für Betroffene, die bislang mit eingeschränktem Therapieerfolg oder Nebenwirkungen zu kämpfen hatten. Jeder Patient ist einzigartig, und die gezielte Anpassung der Behandlungsstrategie kann entscheidend dazu beitragen, das Wohlbefinden und die Lebensqualität langfristig zu verbessern.

Zusammenfassung und Fazit

Zusammenfassend bieten die neuesten Entwicklungen in der Therapie des Morbus Crohn Betroffenen eine zunehmend individualisierte und flexible Behandlung. Die Einführung des Ustekinumab-Biosimilars SteQeyma® stellt eine kostengünstige Alternative dar, die dieselbe Wirksamkeit und Verträglichkeit wie das Original (Stelara®) bietet. Durch die subkutane Darreichungsform von Infliximab (Remsima® SC) erhalten Patienten eine neue Therapieoption, die weniger immunogen und damit langfristig stabiler sein kann. Die Möglichkeit zur Dosiseskalation bei Infliximab und Adalimumab (Humira®) eröffnet zusätzliche Wege, um bei einem Wirkverlust die Behandlung anzupassen, bevor auf andere Wirkstoffe gewechselt werden muss.

Die Ergänzung durch therapeutisches Drug-Monitoring erlaubt eine gezielte Anpassung der Dosierung auf den individuellen Bedarf der Patienten, was zu einer besseren Kontrolle der Krankheit und einer langfristigen Verbesserung der Lebensqualität beiträgt. Insgesamt schaffen diese Fortschritte in der personalisierten Therapie von Morbus Crohn die Voraussetzungen, um Betroffenen ein selbstbestimmteres Leben mit weniger Einschränkungen und mehr Stabilität zu ermöglichen.

Quellen

    • D’Amico, F., Peyrin-Biroulet, L., & Danese, S. (2022). Ustekinumab in Crohn’s Disease: New Data for Positioning in Treatment Algorithm. Journal of Crohn’s and Colitis, 16, ii30–ii41.
    • Papp, K. A., et al. (2024). Efficacy and Safety of Candidate Biosimilar CT-P43 Versus Originator Ustekinumab in Moderate to Severe Plaque Psoriasis: 28-Week Results of a Randomised, Active-Controlled, Double-Blind, Phase III Study. BioDrugs, 38, 121–131.
    • Husman, J., et al. (2024). Subcutaneous infliximab in Crohn’s disease patients with previous immunogenic failure of intravenous infliximab. International Journal of Colorectal Disease, 39, 151.
    • Danese, S., et al. (2024). Subcutaneous Infliximab (CT-P13 SC) Dose Escalation As An Option For Managing The Loss Of Response In Inflammatory Bowel Disease Post Hoc Analysis Of Liberty-uc And Liberty-cd Study. Gastroenterology, 166, S13.
    • Sturm, A., et al. (2022). Aktualisierte S3-Leitlinie „Diagnostik und Therapie des Morbus Crohn“ der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) – August 2021 – AWMF-Registernummer: 021-004. Zeitschrift für Gastroenterologie, 60, 332–418.

Quellen zuletzt abgerufen am 10.11.24

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