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Wenn man die Diagnose einer Autoimmunerkrankung ( Morbus Crohn, Colitis ulcerosa, rheumatoide Arthritis und MS) oder eine Organtransplantation erhält, steht man vor vielen neuen Entscheidungen und Informationen. Eine davon könnte die Therapie mit Azathioprin sein – einem Medikament, das auf den ersten Blick genauso kompliziert klingt wie die Krankheit selbst. Doch was genau ist Azathioprin, wie wirkt es, und welche Risiken sollte man kennen, wenn man es einnimmt? Lassen Sie uns das gemeinsam genauer betrachten, um ein besseres Verständnis zu schaffen.

Was ist Azathioprin und wofür wird es eingesetzt?

Azathioprin ist ein Medikament, das zur Gruppe der Immunsuppressiva gehört. Das bedeutet, dass es das Immunsystem – also die körpereigene Abwehr – unterdrückt. Das klingt erst einmal beängstigend, hat aber einen wichtigen Hintergrund: Es wird bei Autoimmunerkrankungen eingesetzt, also bei Krankheiten, bei denen das Immunsystem irrtümlich den eigenen Körper angreift. Bekannte Beispiele dafür sind Morbus Crohn, Colitis ulcerosa und rheumatoide Arthritis. Azathioprin hilft dabei, die übermäßige Aktivität des Immunsystems zu bremsen, damit es dem Körper weniger Schaden zufügt.

Auch nach Organtransplantationen kommt Azathioprin zum Einsatz. Es hilft, eine Abstoßungsreaktion des Immunsystems gegen das fremde Organ zu verhindern und sorgt so dafür, dass das neue Organ möglichst gut angenommen wird.

Wie wirkt Azathioprin bei Morbus Crohn und Colitis ulcerosa?

Azathioprin ist ein Medikament, das bei chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen wie Morbus Crohn (MC) und Colitis ulcerosa (CU) eingesetzt wird, um Entzündungen im Darm langfristig zu kontrollieren und Schübe zu verhindern. Aber wie funktioniert das genau?

Der Wirkmechanismus von Azathioprin

Azathioprin gehört zu den Thiopurinen und wirkt auf das Immunsystem, das bei Autoimmunerkrankungen wie MC und CU übermäßig aktiv ist. Normalerweise schützt das Immunsystem den Körper vor Infektionen. Bei Morbus Crohn und Colitis ulcerosa greift es jedoch irrtümlich die Zellen der Darmschleimhaut an und löst chronische Entzündungen aus. Azathioprin setzt genau hier an:

  • Hemmung der Zellteilung: Azathioprin wird im Körper in ein aktives Molekül umgewandelt, das in die DNA der sich schnell teilenden Immunzellen eingebaut wird. Dadurch wird die Zellteilung dieser Immunzellen gehemmt. Insbesondere T-Lymphozyten, die eine zentrale Rolle bei der Entzündungsreaktion spielen, werden in ihrer Vermehrung gebremst. Dadurch verringert sich die übermäßige Immunreaktion gegen das körpereigene Gewebe.
  • Reduktion von Entzündungsreaktionen: Durch die reduzierte Aktivität der Immunzellen nimmt auch die Entzündung in der Darmschleimhaut ab. Azathioprin kann so die Bildung von entzündungsfördernden Botenstoffen (Zytokinen) hemmen und die Schleimhaut des Darms beruhigen.
  • Langfristige Wirkung: Die Wirkung von Azathioprin setzt nicht sofort ein, sondern entfaltet sich allmählich über mehrere Wochen bis Monate. Das Medikament ist deshalb weniger zur Behandlung akuter Entzündungsschübe geeignet, sondern wird zur langfristigen Erhaltungstherapie verwendet. Es hilft, die Entzündung in Remission zu halten, d. h. die symptomfreien Phasen zu verlängern und Schübe zu verhindern.

Anwendung von Azathioprin bei Morbus Crohn und Colitis ulcerosa

Azathioprin wird in der Regel in Tablettenform eingenommen, und die Dosierung wird vom behandelnden Arzt individuell angepasst. Die Dosis richtet sich nach dem Körpergewicht und der Schwere der Erkrankung. Bei der Behandlung von Morbus Crohn und Colitis ulcerosa beträgt die übliche Dosis etwa 1,5 bis 2,5 mg pro Kilogramm Körpergewicht pro Tag. Die Einnahme erfolgt meist einmal täglich, vorzugsweise nach einer Mahlzeit, um mögliche Magen-Darm-Beschwerden zu verringern.

Da Azathioprin eine schleichende Wirkung hat und mehrere Wochen benötigt, um seine volle Wirkung zu entfalten, ist Geduld gefragt. In der Anfangsphase ist es häufig notwendig, die Behandlung mit einem anderen Medikament wie Kortikosteroiden zu kombinieren, um akute Entzündungen schneller unter Kontrolle zu bringen. Sobald die akuten Symptome abklingen, kann Azathioprin dann alleine weitergeführt werden, um die Remission aufrechtzuerhalten.

Wichtige Hinweise zur Anwendung:

  • Regelmäßige Blutkontrollen: Da Azathioprin auf das Knochenmark wirken und die Bildung von Blutzellen beeinträchtigen kann, sind regelmäßige Blutuntersuchungen notwendig. So wird sichergestellt, dass das Medikament gut vertragen wird und keine schwerwiegenden Nebenwirkungen wie eine Verminderung der weißen Blutkörperchen (Leukopenie) auftreten.
  • Langfristige Therapie: Azathioprin ist eine langfristige Behandlung, die oft über Jahre hinweg fortgeführt wird, um Rückfälle der Entzündung zu vermeiden. Ein vorzeitiges Absetzen kann das Risiko eines erneuten Krankheitsschubs erhöhen, weshalb ein Absetzen immer nur in Absprache mit dem behandelnden Arzt erfolgen sollte.

Dank seiner Fähigkeit, das Immunsystem zu modulieren, bietet Azathioprin vielen Menschen mit Morbus Crohn und Colitis ulcerosa die Möglichkeit, ein weitgehend normales Leben zu führen und die Häufigkeit und Schwere der Krankheitsschübe deutlich zu reduzieren.

Kann Azathioprin Krebs auslösen?

Eine der häufigsten und verständlichsten Fragen, die viele Menschen haben, ist: Kann Azathioprin das Risiko für Krebs erhöhen?

Das Risiko, dass bestimmte Krebsarten auftreten, ist bei der Einnahme von Azathioprin tatsächlich leicht erhöht. Besonders bekannt ist das Risiko für Hautkrebs wie Plattenepithelkarzinome. Auch bestimmte Lymphome, eine Form von Krebs, die das Lymphsystem betrifft, treten unter der Behandlung häufiger auf. Diese Verbindung entsteht durch die immunsuppressive Wirkung des Medikaments: Ein geschwächtes Immunsystem kann sich schlechter gegen entartete Zellen zur Wehr setzen, was in manchen Fällen zu einem erhöhten Krebsrisiko führen kann.

Bezug zu Morbus Hodgkin: Morbus Hodgkin (Hodgkin-Lymphom) ist eine spezifische Form von Lymphdrüsenkrebs, die sich von den sogenannten Non-Hodgkin-Lymphomen unterscheidet. Während Azathioprin mit einem erhöhten Risiko für bestimmte Non-Hodgkin-Lymphome in Verbindung gebracht wird, gibt es keine starken Hinweise darauf, dass es speziell das Risiko für Morbus Hodgkin signifikant erhöht. Das bedeutet, dass Azathioprin das Risiko für Lymphdrüsenkrebs allgemein etwas erhöhen kann, aber keine besondere Verbindung zu Morbus Hodgkin selbst vorliegt.

Statistische Wahrscheinlichkeiten für Krebsrisiken durch Azathioprin

Die statistischen Wahrscheinlichkeiten für das Krebsrisiko bei der Einnahme von Azathioprin variieren je nach Art des Krebses, der Dauer der Behandlung und individuellen Risikofaktoren wie genetischer Veranlagung und der bestehenden Erkrankung. Dennoch gibt es einige allgemeine Zahlen, die einen Eindruck davon vermitteln, wie hoch das Risiko tatsächlich ist. Es ist wichtig, diese Zahlen im Kontext zu betrachten und sie mit dem Arzt zu besprechen.

  • Hautkrebs (insbesondere Plattenepithelkarzinome): Menschen, die Azathioprin einnehmen, haben ein etwa 2- bis 3-fach erhöhtes Risiko, an einem Plattenepithelkarzinom der Haut zu erkranken, verglichen mit Personen, die das Medikament nicht einnehmen. Es wird geschätzt, dass etwa 2 von 100 Menschen (also 2 %) nach einer mehrjährigen Therapie mit Azathioprin ein Plattenepithelkarzinom der Haut entwickeln könnten. Das Risiko ist dabei höher bei Personen, die sich viel in der Sonne aufhalten oder bereits Hautschäden durch UV-Strahlung haben.
  • Lymphome (Non-Hodgkin-Lymphome): Das Risiko für Non-Hod gkin-Lymphome ist bei der Einnahme von Azathioprin ebenfalls erhöht. Studien zeigen, dass das Risiko um den Faktor 2 bis 4 höher sein kann als in der allgemeinen Bevölkerung. In absoluten Zahlen bedeutet dies, dass etwa 1 bis 4 von 1.000 Menschen (0,1 % bis 0,4 %) unter einer Langzeittherapie mit Azathioprin ein Non-Hodgkin-Lymphom entwickeln könnten. Dieses Risiko variiert jedoch je nach Erkrankung und anderen Risikofaktoren.
  • Morbus Hodgkin (Hodgkin-Lymphom): Speziell für das Hodgkin-Lymphom gibt es keine signifikanten Hinweise darauf, dass Azathioprin das Risiko stark erhöht. In den meisten Studien steht die Verbindung von Azathioprin eher mit den Non-Hodgkin-Lymphomen in Zusammenhang. Die Grundwahrscheinlichkeit, an einem Hodgkin-Lymphom zu erkranken, liegt bei etwa 2 bis 3 Fällen pro 100.000 Menschen pro Jahr in der allgemeinen Bevölkerung. Ob Azathioprin hier eine relevante Steigerung bewirkt, ist wissenschaftlich nicht eindeutig belegt, weshalb das Risiko allgemein als gering eingestuft wird.

Den Blick nach vorne richten

Die Zahlen und Wahrscheinlichkeiten mögen zunächst beunruhigend wirken, doch es ist wichtig, sich bewusst zu machen, dass die meisten Menschen, die Azathioprin einnehmen, davon profitieren, ohne ernsthafte Probleme zu erleben. Ein erhöhtes Risiko bedeutet nicht, dass jeder, der Azathioprin nimmt, automatisch an Krebs erkrankt – sondern nur, dass das Risiko etwas höher ist als bei Menschen, die das Medikament nicht einnehmen.

Mit einer engen Zusammenarbeit mit dem Arzt, regelmäßigen Untersuchungen und einer aufmerksamen Selbstbeobachtung können Sie das Risiko minimieren und Azathioprin dennoch als wertvollen Teil Ihrer Behandlung betrachten. So kann das Medikament Ihnen helfen, die Herausforderungen Ihrer Erkrankung besser zu bewältigen und Ihre Lebensqualität zu verbessern, ohne dass die möglichen Nebenwirkungen überwiegen.

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