Kaum ein Medikament wird in der Medizin so kontrovers diskutiert wie Kortison. Obwohl es zweifellos eine starke entzündungshemmende und immunmodulierende Wirkung hat, können seine Nebenwirkungen bei längerer Einnahme oder in höheren Dosen bedenklich sein.
Kortison
Kortison, eine medizinische Revolution
Kortison ist ein Steroidhormon, das natürlicherweise in den Nebennieren gebildet wird. Die synthetische Form von Kortison wurde erstmals in den 1940er Jahren eingeführt und galt als medizinische Revolution. Plötzlich stand ein Medikament zur Verfügung, das eine Vielzahl von Entzündungen und Autoimmunerkrankungen wirksam behandeln konnte.
Die therapeutische Wirkung des Kortisons
Kortison wird vor allem wegen seiner entzündungshemmenden Wirkung verschrieben. Es ist besonders wirksam bei der Behandlung von Asthma, rheumatoider Arthritis, Lupus und anderen entzündlichen Erkrankungen. Kortison erreicht dies, indem es die Aktivität des Immunsystems dämpft, das bei diesen Erkrankungen häufig überaktiv ist.
Darüber hinaus werden Kortisontabletten manchmal zur Behandlung schwerer allergischer Reaktionen, einiger Hauterkrankungen und zur Unterdrückung des Immunsystems nach Organtransplantationen eingesetzt.
Bei welchen Erkrankungen werden Kortison-Tabletten eingesetzt?
Rheumatoide Arthritis und ihre Herausforderungen
Rheumatoide Arthritis ist eine Autoimmunerkrankung, bei der das Immunsystem die Gelenke angreift. Dies führt zu Schwellungen, Schmerzen und möglicherweise zur Zerstörung der Gelenke. Kortison-Tabletten sind hier oft ein wichtiger Bestandteil der Therapie, um die Entzündung zu reduzieren und die Schmerzen zu lindern.
Lupus: Ein systemischer Angriff
Lupus, eine weitere systemische Autoimmunerkrankung, kann den ganzen Körper befallen, einschließlich Haut, Gelenke, Nieren und andere Organe. In solchen Fällen können Kortison-Tabletten helfen, die Symptome unter Kontrolle zu halten und Schübe zu verringern.
Atemwegserkrankungen: Asthma und COPD
Entzündungen der Atemwege sind charakteristisch für Erkrankungen wie Asthma und die chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD). Kortison spielt eine entscheidende Rolle, um diese Entzündungen zu reduzieren und die Atemfunktion der Betroffenen zu verbessern.
Multiple Sklerose: Schutz der Nervenhüllen
Bei der Multiplen Sklerose greift das Immunsystem die Schutzhüllen der Nervenfasern an. Durch den Einsatz von Kortison können akute Schübe behandelt und die Schwere der Symptome verringert werden.
Entzündliche Darmerkrankungen: Kampf im Verdauungstrakt
Zu den entzündlichen Darmerkrankungen gehören Krankheiten wie Morbus Crohn und Colitis ulcerosa. Kortison hilft hier, die Entzündung zu reduzieren und so die Beschwerden der Betroffenen zu lindern.
Allergische Reaktionen: Schnelle Hilfe im Notfall
Bei schweren allergischen Reaktionen kann Kortison lebenswichtig sein, um die Symptome zu kontrollieren und lebensbedrohliche Reaktionen zu verhindern.
Nach Organtransplantation: Abstoßungsreaktionen vermeiden
Nach einer Organtransplantation ist das Immunsystem oft darauf eingestellt, das neue Organ abzustoßen. Um solche Reaktionen zu verhindern und das transplantierte Organ zu schützen, wird Kortison eingesetzt.
Mögliche Nebenwirkungen und Vorsichtsmaßnahmen
Nebenwirkungen und Nutzen müssen in einem ausgewogenen Verhältnis stehen
Kortison ist ein wirksames entzündungshemmendes Medikament, das bei vielen Erkrankungen deutliche Linderung verschaffen kann. Doch wie bei vielen Medikamenten gibt es auch bei Kortison sowohl Nutzen als auch potenzielle Risiken. Um die bestmögliche Entscheidung über eine Kortisontherapie zu treffen, ist es wichtig, die möglichen Nebenwirkungen und Vorsichtsmaßnahmen zu kennen.
Gewichtszunahme und gesteigerter Appetit
Eine der häufigsten Nebenwirkungen von Kortison ist eine Gewichtszunahme. Diese ist häufig auf eine vermehrte Wasser- und Salzretention sowie auf einen gesteigerten Appetit zurückzuführen. Regelmäßige körperliche Aktivität und eine ausgewogene Ernährung können helfen, diese Effekte in Schach zu halten.
Schlafstörungen und psychische Gesundheit
Manche Menschen berichten über Schlafstörungen oder ein erhöhtes Energieniveau, insbesondere wenn Kortison abends eingenommen wird. Andere erleben Stimmungsschwankungen, Angstzustände oder sogar depressive Symptome.
Veränderungen des Verdauungssystems
Es kann zu Verdauungsproblemen wie Übelkeit oder Magenschmerzen kommen. Im Laufe der Zeit kann eine langfristige Anwendung das Risiko für Magengeschwüre erhöhen.
Knochenschwund und Frakturrisiko
Die langfristige Anwendung von Kortison kann die Knochendichte verringern und damit das Risiko für Osteoporose und Knochenbrüche erhöhen.
Immunabwehr unter Beschuss
Da Kortison das Immunsystem unterdrückt, kann es das Infektionsrisiko erhöhen. Es ist wichtig, auf Anzeichen von Infektionen zu achten und diese sofort zu behandeln.
Herausforderungen für Herz und Kreislauf
Bei einigen Patienten kann es zu einem Anstieg des Blutdrucks oder des Blutzuckerspiegels kommen. Dies erfordert eine sorgfältige Überwachung und möglicherweise eine Anpassung der Medikation.
Ein abruptes Absetzen von Kortison muss vermieden werden.
Der schrittweise Entzug
Ein abruptes Absetzen von Kortison kann gefährlich sein. Der Körper braucht Zeit, um die natürliche Produktion von Kortikosteroiden wieder aufzunehmen. Deshalb ist es wichtig, die Dosis langsam zu reduzieren und nicht plötzlich abzusetzen.
Die Risiken eines abrupten Kortisonentzugs
Schon in den ersten Momenten des Kortisonentzugs kann der Körper eine Schwäche zeigen, die oft mit einer raschen Ermüdbarkeit einhergeht. Diese Symptome können durch eine Veränderung der Hautpigmentierung ergänzt werden, die dunkler werden oder weiße Flecken aufweisen kann. Außerdem kann der Körper auf den Kortisonentzug mit einer deutlichen Gewichtsabnahme reagieren.
Außerdem kann es zu einem Flüssigkeitsmangel im Körper kommen. Symptome hierfür sind unter anderem eine verminderte Urinausscheidung und trockene Haut. Ein weiterer Hinweis auf einen Kortisonentzug ist ein niedriger Blutdruck. Weitere häufige Symptome sind Bauchschmerzen, verbunden mit Übelkeit und Erbrechen. Auch Verdauungsstörungen in Form von Durchfall oder Verstopfung sind nicht selten.
In sehr schweren Fällen kann es zu einer lebensbedrohlichen Kortisonentzugskrise kommen. Die Symptome verschlimmern sich: Entzündungen des Bauchfells, ein Abfall des Blutzuckerspiegels und eine niedrige Körpertemperatur können erste Warnzeichen sein. Mit der Zeit können Fieber und Bewusstseinsstörungen bis hin zu Halluzinationen hinzukommen. Wird keine adäquate Behandlung eingeleitet, kann der Zustand bis zum Koma fortschreiten.
Es ist daher sehr wichtig, eine Kortisontherapie nie abrupt abzubrechen, sondern immer in Absprache mit dem Arzt langsam auszuschleichen, um mögliche Risiken und Komplikationen zu vermeiden.
Fazit
Kortisontabletten sind ein wirksames Medikament, das bei vielen Entzündungszuständen und Autoimmunerkrankungen Linderung verschaffen kann. Wie bei vielen Medikamenten ist es jedoch wichtig, den Nutzen gegen mögliche Risiken, Nebenwirkungen und Langzeitfolgen abzuwägen.
Quellen, Leitinien & Studien
- Allgemeine und spezielle Pharmakologie und Toxikologie Forth, Henschler, Rummel et al. 8. Aufl. 2001
- Herold, G. et al. Innere Medizin.
- Deutsche Rheuma-Liga. Therapieregeln bei Kortison-Präparaten. 2021. www.rheuma-liga.de (Abruf am: 06.10.2023)
- Online-Informationen des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG): https://www.gesundheitsinformation.de (Abruf am: 06.10.2023)
- Online-Informationen des Ärztlichen Zentrums für Qualität in der Medizin: patienten-information.de (Abruf am: 06.10.2023)
- Online-Informationen des Deutschen Berufsverbands der HNO-Ärzte e.V.: hno-aerzte-im-netz.de (Abruf: 07/2019)
- Online-Informationen der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin e.V.: lungenaerzte-im-netz.de (Abruf am: 06.10.2023)
- Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften e.V.: Bei Glukokortikoid-Therapie von Anfang an der Osteoporose vorbeugen: idw-online.de (Abruf am: 06.10.2023)
- Online-Informationen der PTAheute: Es geht auch ohne Rezept – Frei verkäufliche Glucocorticoide: ptaheute.de (Abruf am: 06.10.2023)
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Kortison gilt seit Jahrzehnten als eines der bekanntesten und wirksamsten Medikamente zur Behandlung entzündlicher Erkrankungen. Trotz seiner beeindruckenden Wirkung wird die langfristige Anwendung von Kortison jedoch oft mit erheblichen Nebenwirkungen in Verbindung gebracht, was sowohl Patienten als auch Ärzte verunsichert. Eine aktuelle Studie der Charité – Universitätsmedizin Berlin bringt nun entscheidende neue Erkenntnisse, die dazu beitragen könnten, die Sorgen um dieses Medikament zu verringern und seine Bedeutung in der Therapie chronischer Erkrankungen zu stärken. Besonders relevant sind diese Ergebnisse für Patienten mit chronischen entzündlichen Erkrankungen wie rheumatoider Arthritis, Morbus Crohn oder Lupus erythematodes, die oft auf eine Langzeittherapie mit Kortison angewiesen sind.